Volkswagen hofft auf eigenen US-Deal – Zölle kosten Gewinn

Berlin (Reuters) – Europas größter Autobauer Volkswagen hofft im Zollstreit zwischen den USA und der Europäischen Union auf einen eigenen Deal.

Volkswagen-Chef Oliver Blume sprach am Freitag bei der Vorlage der Geschäftszahlen zum zweiten Quartal von sehr konstruktiven Gesprächen mit dem US-Handelsministerium. In einem ersten Schritt müsse es eine Einigung zwischen den USA und der EU geben. “Wir haben ein sehr attraktives Investmentpaket, das wir in den USA umsetzen können”, sagte Blume. Dabei geht es möglicherweise auch um ein Audi-Werk in den USA.

Die US-Zölle hinterlassen schon jetzt tiefe Spuren in der Bilanz des Autobauers. Der Gewinn brach im zweiten Quartal um knapp 30 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro ein, der Umsatz lag mit 80,8 Milliarden Euro um drei Prozent unter dem Vorjahreswert. Allein im ersten Halbjahr summieren sich die Belastungen für den Volkswagen-Konzern aus den Zöllen auf 1,3 Milliarden Euro. Der Absatz in den USA ging zurück, der Umsatz in Nordamerika sank deutlich. Für das Gesamtjahr kappte das Unternehmen seine Prognose und rechnet nun nur noch mit einer operativen Umsatzrendite zwischen vier und fünf Prozent, das sind 1,5 Prozentpunkte weniger als bislang angenommen.

US-Präsident Donald Trump hatte im April Zusatzzölle für Autos in Höhe von 25 Prozent verhängt. Darunter leiden besonders die Volkswagen-Premiummarken Audi und Porsche, die keine eigene Fertigung in den USA haben und deswegen vollständig auf Importe angewiesen sind.

Bislang habe Volkswagen die höheren Abgaben nicht an die Kunden weitergegeben, sagte Blume. Mögliche Preismaßnahmen hingen davon ab, wie hoch die Zölle letztlich ausfielen. Er selbst gehe von einem Zollsatz von 15 Prozent aus. Das sei für Volkswagen zu hoch, sagte er dem Sender RTL/ntv. “Deshalb setzen wir darauf, dass wir mit unserem Engagement in den USA diesen Satz noch weiter runter arbeiten können.” Die EU-Kommission erklärte zuletzt, alles für eine Verständigung mit den USA zu tun und noch an einen Kompromiss zu glauben. Zugleich rüstet sie sich für eine mögliche Eskalation des Handelsstreits. Anfang der Woche hatten sich die USA mit Japan auf einen Zollsatz von 15 Prozent geeinigt. Zwei EU-Diplomaten hatten das als Blaupause für eine mögliche Vereinbarung zwischen der EU und den USA bezeichnet.

SPARANSTRENGUNGEN WERDEN VORGEZOGEN

VW-Finanzchef Arno Antlitz verwies als Grund für den Gewinneinbruch neben den Zöllen auf die Belastungen durch die Restrukturierungsprogramme. Das Unternehmen hatte zuletzt eine Reihe von Sparprogrammen aufgelegt und den Abbau Tausender Stellen angekündigt. Vor diesen Belastungen habe die Rendite am oberen Ende der Erwartungen gelegen, sagte er. Das zeige, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg sei. “Doch am Ende zählt, was tatsächlich in der Kasse ankommt. Deshalb müssen wir die laufenden Programme zur Ergebnisverbesserung entschlossen umsetzen und wo nötig beschleunigen.” Blume sagte, es gehe etwa um Entwicklungs- oder Materialkosten. “Wir brauchen die Effekte früher.”

An der Börse wurden die Zahlen dennoch mit Wohlwollen aufgenommen, die Aktie legte fast vier Prozent zu. Horst Schneider von der Bank of America sagte in einem Analystencall, es sei noch nicht lange her, da habe Volkswagen Stellantis als Vorbild genommen. Inzwischen sei Volkswagen möglicherweise Benchmark für Stellantis und auch für Renault, die beide zuletzt Gewinnwarnungen ausgesprochen hätten. Vor allem bei den Volumenmarken Volkswagen, Seat/Cupra und Skoda liefen die Geschäfte wieder rund.

AUDI UND PORSCHE BESONDERS BETROFFEN

Unter Druck sind insbesondere die Marken Audi und Porsche. Die Rendite in der Markengruppe Progressive, zu der neben Audi auch Lamborghini, Bentley und Ducati gehören, schrumpfte in der ersten Jahreshälfte auf 3,3 Prozent, nachdem es vor Jahresfrist noch 6,4 Prozent gewesen waren. Bei Porsche brach die Rendite auf 5,2 Prozent ein, vor einem Jahr waren es noch 16,4 Prozent gewesen. Auch die Nutzfahrzeugtochter Traton verdiente deutlich weniger. In der Markengruppe Core mit den Marken Volkswagen, Skoda und Seat/Cupra verringerte sich die Rendite um 0,1 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent. Die Markengruppe habe spürbare Fortschritte bei der Kosteneffizienz gemacht, hieß es. VW hatte sich im Dezember mit dem Betriebsrat auf den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen in Deutschland geeinigt.

(Bericht von Christina Amann, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL6O06N-VIEWIMAGE