Deutsche Hilfsgüter-Abwürfe über Gaza könnten Mittwoch beginnen

Berlin/Genf (Reuters) – Die Abwürfe von Hilfsgütern über dem Gazastreifen durch Bundeswehr-Flugzeuge sollen in Kürze beginnen.

Zwei Transportflugzeuge der Bundeswehr vom Typ Airbus A400M seien bereits auf dem Weg nach Jordanien, um von dort aus die Einsätze zu fliegen, kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz am Dienstag bei einem Besuch des jordanischen Königs Abdullah an. Die Einsätze würden spätestens am Wochenende, möglicherweise schon am Mittwoch beginnen. Die Operation sei in enger Abstimmung mit Jordanien, Frankreich und Großbritannien sowie der israelischen Regierung geplant. Merz betonte die symbolische Bedeutung des Einsatzes: “Diese Arbeit mag humanitär nur einen kleinen Beitrag leisten, aber sie ist ein wichtiges Signal”, sagte der Kanzler. “Wir sind da, wir sind in der Region. Wir helfen.”

Im Gazastreifen entwickelt sich nach Einschätzung von internationalen Beobachtern eine Hungersnot schlimmsten Ausmaßes. Es gebe immer mehr Belege dafür, dass Hunger, Unterernährung und Krankheiten zu einem Anstieg der Todesfälle führten, teilte die Organisation IPC (Integrated Food Security Phase Classification) am Dienstag mit. Den von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen zufolge sind bei der israelischen Militäroffensive inzwischen mehr als 60.000 Palästinenser getötet worden. Mindestens 147 Menschen, darunter 88 Kinder, seien an Hunger gestorben.

WEITERER DRUCK AUF ISRAEL

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) erhält nach eigenen Angaben nur etwa die Hälfte der angeforderten Hilfsgüter. Benötigt würden monatlich 62.000 Tonnen Grundnahrungsmittel. Im Mai seien jedoch nur 19.900 Tonnen und im Juni 37.800 Tonnen in das Gebiet gelangt. Der israelische Außenminister Gideon Saar bezeichnete die Lage als “schwierig”, wies Berichte über eine Hungersnot jedoch als Lügen zurück. Formale Erklärungen einer Hungersnot hinkten der Realität immer hinterher, warnte David Miliband von der Hilfsorganisation International Rescue Committee. “Wenn eine Hungersnot ausgerufen wird, ist es bereits zu spät.”

Merz schloss wegen der humanitären Katastrophe weiteren Druck auf Israel nicht aus. Auf die Frage nach möglichen Sanktionen oder Einreiseverboten gegen radikale israelische Minister sagte er zwar, derzeit gebe es keine weiteren Beschlüsse. “Das muss aber nicht das letzte Wort sein.” Die Niederlande haben ein Einreiseverbot gegen zwei rechtsextreme Minister ausgesprochen. Als konkreten nächsten Schritt kündigte Merz an, dass die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens voraussichtlich in der kommenden Woche gemeinsam nach Israel reisen sollen, um die Position der drei Staaten vorzutragen.

ABDULLAH: STATT 60 LKW PRO WOCHE SIND 150 PRO TAG NÖTIG

König Abdullah II. bezeichnete die Lage in Gaza als Tragödie, die Luftbrücke reiche nicht aus. “Nichts ersetzt den Transport mit Lastwagen, um lebenswichtige Hilfe nach Gaza zu bringen”, sagte der König. Er warf der israelischen Regierung vor, für Angriffe von Siedlern auf jordanische Hilfskonvois verantwortlich zu sein und Bürokratie als politisches Werkzeug zur Behinderung der Hilfe zu nutzen. Statt der benötigten 150 Lastwagenladungen pro Tag kämen derzeit nur 60 pro Woche an.

Jordanien gilt als Stabilitätsanker in der Region und gegenüber Israel als vergleichsweise gemäßigt. In dem Land leben über zwei Millionen palästinensische Flüchtlinge.

(Bericht von: Markus Wacket, Michelle Nichols and Olivia Le Poidevin; redigiert von Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL6S0XZ-VIEWIMAGE