München (Reuters) -Die verheerenden Waldbrände in und um Los Angeles prägen die Naturkatastrophen-Bilanz des ersten Halbjahres. Sie richteten an Häusern, Straßen und Infrastruktur zu Jahresbeginn allein einen versicherten Schaden von 40 Milliarden Dollar an, wie die Münchener Rück in ihrem Naturkatastrophen-Bericht am Dienstag mitteilte. Es war die teuerste Waldbrand-Katastrophe der Geschichte. Sie war allein für die Hälfte der 80 (Vorjahr: 64) Milliarden Dollar verantwortlich, die Erdbeben, Stürme, Hochwasser und Waldbrände die Versicherer in den ersten sechs Monaten weltweit gekostet haben. Insgesamt verursachten Naturkatastrophen 131 (Vorjahr: 155) Milliarden Dollar Schäden, 53 Milliarden davon entfielen allein auf die Waldbrände in Kalifornien.
Höher waren die versicherten Schäden im ersten Halbjahr nur 2011, als ein Erdbeben in Japan einen Tsunami ausgelöst hatte. “Gefühlt war es bisher kein besonders aktives Naturkatastrophen-Jahr – trotzdem war es das zweitteuerste aller Zeiten”, sagte Tobias Grimm, Chef-Klimaforscher des Rückversicherers, der Nachrichtenagentur Reuters. “Hier zeigt sich ganz besonders: das Grundrauschen wird immer lauter. Und das hat mit dem Klimawandel zu tun.” Auch die Waldbrände – zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt im Winter – seien durch die wärmeren Temperaturen begünstigt worden. Die Regensaison war im Herbst 2024 fast ausgefallen, das Buschwerk deshalb sehr trocken – nachdem es durch viel Regen ein Jahr zuvor besonders stark gewachsen war. Die “Santa-Ana”-Winde, die im Winter in Kalifornien oft wehen, fachten das Feuer immer weiter an.
Einer Studie zufolge sei eine solche Trockenheit im heutigen Klima im Schnitt alle 20 Jahre zu erwarten, fast zweieinhalb Mal häufiger als ohne den Klimawandel, erklärte die Münchener Rück. “Da braucht es nur einen Funken an der falschen Stelle, und die Katastrophe ist da”, sagte Grimm. Münchener-Rück-Vorstand Thomas Blunck plädierte erneut für mehr Prävention. Menschen, Behörden und Unternehmen müssten sich an die neuen Gegebenheiten anpassen. “Vorsorge kann helfen, Versicherungsprämien selbst in Hochrisiko-Gebieten in Grenzen zu halten”, sagte Blunck. Dort dürfe kein neues Bauland entstehen.
Die gesamtwirtschaftlich zweitteuerste Naturkatastrophe des ersten Halbjahrs war das schwere Erdbeben in Myanmar, das einen Schaden von zwölf Milliarden Dollar anrichtete und rund 4500 Menschenleben kostete. Versichert war – wie in Entwicklungsländern üblich – nur ein Bruchteil des Schadens.
BLATTEN IST KEIN EINZELFALL
In Europa erregte der Bergsturz im Schweizer Kanton Wallis die größte Aufmerksamkeit. Millionen Tonnen von Schutt und Eis des Birchgletschers begruben das – zuvor evakuierte – Dorf Blatten unter sich. Von einem Gesamtschaden von 500 Millionen Dollar trugen die Versicherer 400 Millionen.
“Solche Szenarien werden noch häufiger auftreten”, warnte Klimatologe Grimm. “Durch den zurückgehenden Permafrost taut der Boden im Hochgebirge, und das durch das Eis zusammengehaltene Gestein beginnt zu bröckeln.” Allein im Wallis würden zurzeit 89 kritische Standorte mit auftauenden Felsen beobachtet. Auch in anderen Gebirgsregionen drohten Bergstürze: “In den Anden und in Zentralasien könnten davon nicht nur Bergdörfer, sondern ganze Großstädte betroffen sein, etwa in Peru oder in Kirgisistan”, sagte Grimm.
(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Kirsti KnolleBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)