Trump drängt Boehringer und weitere Pharmafirmen zu Rabatten

Washington/Frankfurt (Reuters) – US-Präsident Donald Trump fordert von Boehringer Ingelheim und 16 weiteren Pharmakonzernen umgehend niedrigere Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA.

Er habe den Chefs und hochrangigen Managern der Unternehmen entsprechende Briefe geschickt, teilte das Weiße Haus am Donnerstag (Ortszeit) mit. Trump veröffentlichte Kopien der Briefe auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Darin setzt er den Firmen eine Frist bis zum 29. September, um mit verbindlichen Zusagen auf seine Forderungen einzugehen. “Wenn Sie sich weigern, werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Amerikaner vor missbräuchlichen Preispraktiken für Arzneimittel zu schützen”, warnte Trump die Unternehmen.

Der US-Präsident hatte im Mai ein Dekret unterzeichnet, in dem er Anbieter dazu verpflichtet, die US-Preise für Medikamente denen in anderen Ländern anzugleichen. Andernfalls werde seine Regierung verpflichtende Vorgaben machen. “Die meisten Vorschläge, die meine Regierung zur ‘Lösung’ dieses Problems erhalten hat, enthielten immer das Gleiche: Schuldzuweisungen und die Forderung nach politischen Änderungen, die zu Milliarden-Zuwendungen an die Industrie führen würden”, hieß es in den Briefen an die Konzerne.

TRUMP WILL BILLIGERE MEDIKAMENTE FÜR US-PATIENTEN

Trump verlangt, die Meistbegünstigungsklausel bei den Preisen auf das staatliche Gesundheitsprogramm Medicaid auszuweiten. Zudem sollen sie eine solche Preisgestaltung für neue Medikamente garantieren und überschüssige Einnahmen aus dem Ausland an Patienten und Steuerzahler in den USA zurückgeben. Diese Politik zielt darauf ab, die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA auf das niedrigstmögliche Niveau innerhalb der OECD zu senken. Zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehören die meisten Industriestaaten. “Jüngsten Daten zufolge zahlen Amerikaner für Markenmedikamente mehr als das Dreifache des Preises, den andere, ähnlich entwickelte Länder zahlen”, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt.

Neben Boehringer Ingelheim gingen die Trump-Schreiben an das zum Darmstädter Konzern Merck gehörende EMD Serono, Novartis, Novo Nordisk, Eli Lilly, Pfizer, Sanofi, den US-Konzern Merck & Co, Johnson & Johnson, AstraZeneca, Regeneron, GSK, Genentech, Amgen, Gilead, Bristol Myers Squibb und Abbvie. Einige der betroffenen Unternehmen, darunter EMD Serono, teilten mit, sie seien offen für eine Zusammenarbeit mit der US-Regierung. Boehringer war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

PHARMA-AKTIEN AUF TALFAHRT

Die Branche hat in der Vergangenheit stets betont, dass drastische Preissenkungen die Entwicklung neuer Medikamente hemmen würden. Experten bezweifeln daher, dass die Pharmafirmen Trump weit entgegenkommen werden. “Ich könnte mir vorstellen, dass sie mögliche Nachlässe im Rahmen eines Direktvertriebs ausloten, sagte Stacie Dusetzina, Professorin für Gesundheitspolitik an der Vanderbilt University. Analyst Trung Huynh von der Bank UBS bezeichnete den aktuellen Vorstoß als “Schuss ins Blaue”. Trump wiederhole frühere Forderungen. Die Auswirkungen auf die Branche würden voraussichtlich überschaubar bleiben, fügte Huynh hinzu.

Anleger reagierten dennoch nervös. Der europäische Pharmaindex fiel um bis zu 1,6 Prozent auf ein Dreieinhalb-Monats-Tief von 995,86 Punkten. Zu den größten Verlierern zählten die Aktien von Novo Nordisk. Sie fielen in Kopenhagen um bis zu sechs Prozent auf ein Vier-Jahres-Tief von 295,50 Kronen und standen mit einem Minus von insgesamt mehr als 30 Prozent vor dem größten Wochenverlust der Firmengeschichte. Der Anbieter der Abnehmspritze Wegovy hatte vor einigen Tagen seine Jahresziele zusammengestrichen. Die Papiere von Merck büßten zeitweise knapp drei Prozent ein. An der Wall Street hatte der US-Pharmaindex am Mittwoch ähnlich stark verloren.

(Bericht von Jeff Mason, Nandita Bose, Patrick Wingroveund, Philipp Krach und Hakan Ersen, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL701KM-VIEWIMAGE