Berlin (Reuters) -Die Bundesregierung will einen Teil des seit Anfang 2025 greifenden Bürokratieabbaus wieder rückgängig machen. Das Bundesfinanzministerium teilte am Mittwoch in Berlin mit, Banken, Versicherer und Wertpapierfirmen sollten künftig Buchungsbelege wieder zehn statt acht Jahre aufbewahren müssen. “Für die restlichen Steuerpflichtigen gilt für Buchungsbelege weiter die achtjährige Aufbewahrungsfrist.” Das Kabinett stimmte dem Plan von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil am Mittwoch zu.
Mit dem Schritt will der SPD-Co-Chef eine effektivere Bekämpfung von Steuerbetrug gewährleisten. “Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist ein Schwerpunkt meiner Arbeit”, sagte Klingbeil. “Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir hart gegen diejenigen vorgehen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern.”
Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatte die Verkürzung beschlossen. Danach hatte vor allem die Nichtregierungsorganisation Finanzwende über Monate vor schweren Nebenwirkungen gewarnt. So werde die kürzere Aufbewahrungsfrist dazu führen, dass Strafermittlungen wegen Steuerhinterziehung in CumCum-Fällen quasi unmöglich werden. Am Mittwoch teilte Finanzwende mit, der öffentliche Druck habe Wirkung gezeigt. Die Kurswende von Klingbeil sei ein wichtiges Zeichen. “Es ist auch richtig, dass er nur von einem ersten Schritt spricht.”
Bei CumEx-Geschäften ließen sich Anleger eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit – lateinisch cum – und ohne – also ex – Dividendenanspruch. Die CumEx-Fälle sind teilweise vor Gericht aufgearbeitet. Bei den CumCum-Ermittlungen steht die Justiz aber erst am Anfang. Bei CumCum-Aktiengeschäften ist Schätzungen zufolge dem Staat bis 2021 ein Schaden von 28,5 Milliarden Euro entstanden.
Die Grünen-Finanzexpertin Katharina Beck sagte, ein möglicher nächster Schritt des Bundes wäre es, die Ermittlungen der Landesbehörden bei CumCum-Fällen gezielt zu unterstützen. Die Aufarbeitung dieser Fälle müsse oberste Priorität bekommen. “Erst 81 CumCum-Fälle wurden rechtskräftig abgeschlossen und Steuern in Höhe von 227 Millionen Euro zurückgefordert.” Das sei nur ein Bruchteil des geschätzten Gesamtschadens.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)