– von Alexandra Schwarz-Goerlich
Wien (Reuters) – Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV strebt noch in diesem Jahr eine Entscheidung über die Nachfolge des scheidenden Konzernchefs Alfred Stern an.
“Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass wir Ende des Jahres bereits eine Entscheidung haben werden”, sagte Aufsichtsratschef Lutz Feldmann am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Ein internationaler Headhunter sei mit der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten beauftragt. Man sei aber noch ganz am Anfang des Entscheidungsprozesses. “Dadurch, dass Herr Stern uns als Aufsichtsrat frühzeitig informiert hat, stehen wir nicht unter Zeitdruck.”
Die Anforderungen an den künftigen Chef seien hoch. Die OMV sei einer der wichtigsten Konzerne in Österreich mit hoher Relevanz für die heimische Industrie, betonte Feldmann. Der teilstaatliche Konzern spiele eine herausragende Rolle bei der Sicherung des Wirtschaftsstandorts und der Energieversorgung. Der Nachfolger müsse den Wachstumskurs bei Öl und Gas fortsetzen und zugleich die zunehmende Bedeutung des Chemiegeschäfts gestalten.
“Als CEO kommt ein Manager oder eine Managerin in Frage, der oder die auch am internationalen Parkett des Energie- und/oder Chemiegeschäfts Erfahrungen gesammelt hat”, sagte Feldmann. Das Geschäftsmodell der OMV stehe, so wie das ihrer Konkurrenten, unter starkem Veränderungsdruck, was bei der Auswahl berücksichtigt werden müsse. Nötig sei zudem “die strategische Weitsicht, ein Unternehmen wie die OMV durch anhaltend unruhige Zeiten zu führen.”
Hintergrund der Suche ist die Ankündigung von Stern vom Juli, seinen Ende August 2026 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Es handle sich um eine persönliche Entscheidung. Feldmann hatte den Schritt Sterns bedauert und erklärt, dieser habe “die größte Transformation in der Unternehmensgeschichte der OMV eingeleitet.”
“ÖL- UND GASGESCHÄFT WICHTIGES STANDBEIN”
Ein zentraler Meilenstein in Sterns Amtszeit war die mit dem arabischen Kernaktionär Adnoc beschlossene Fusion der Petrochemietöchter Borealis und Borouge sowie der kanadischen Nova Chemicals zu einem globalen Branchenriesen mit einem Wert von rund 60 Milliarden Dollar. Kritiker befürchten jedoch, dass sich die OMV damit von einer nachhaltigen Chemiestrategie wieder stärker zu einem renditeorientierten Energiekonzern mit größerem Einfluss von Adnoc entwickeln könnte.
Feldmann bekräftigte die Bedeutung des traditionellen Geschäfts. “Die vom Aufsichtsrat genehmigte Strategie beinhaltet explizit Wachstum im Öl- und Gasgeschäft als wichtiges Standbein der OMV”, sagte Feldmann. Die Annahme, die OMV bewege sich von Öl und Gas weg, sei nicht richtig. 2022 hatte die OMV erklärt, ihre langfristige Strategie sehe einen schrittweisen Ausstieg aus Öl und Gas vor, um bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden. Bis 2030 soll die Öl- und Gasproduktion um rund ein Fünftel reduziert werden.
Sterns Amtszeit war von den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine geprägt. Der Konzern wurde in Russland faktisch enteignet und musste milliardenschwere Abschreibungen vornehmen. Zudem beendete die OMV Ende 2023 ihren langfristigen Gasliefervertrag mit der russischen Gazprom.
Angesichts der beiden mächtigen Kernaktionäre – der österreichischen Staatsholding ÖBAG und Adnoc – betonte Feldmann seine persönliche Verantwortung. Seine Rolle als Aufsichtsratschef sei es, “im Interesse aller Investoren den besten CEO für unser Unternehmen zu finden.”
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)