Sorge vor US-Zöllen treibt Chinas Exportmotor überraschend kräftig an

Peking (Reuters) – Angetrieben von der Sorge vor neuen US-Zöllen haben Chinas Exporteure im Juli ihr Geschäft überraschend kräftig ausgebaut.

Die Ausfuhren wuchsen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,2 Prozent, wie die Zollbehörde am Donnerstag in Peking mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur ein Plus von 5,4 Prozent erwartet, nach einem Zuwachs von 5,8 Prozent im Juni. Die Exporteure nutzten im Juli offenbar eine Pause im Handelsstreit mit den USA, um möglichst viele Waren ins Ausland zu verschiffen: Bis zum 12. August müssen Peking und Washington eine dauerhafte Einigung erzielen, um eine weitere Eskalation und die Wiedereinführung hoher Zölle zu verhindern.

“Die chinesische Exportindustrie zeigt sich weiterhin robust”, so das Fazit von LBBW-Analyst Sandro Pannagl. Zwar seien die Ausfuhren in Richtung der USA im Juli stärker zurückgegangen als in den Monaten zuvor (-21,6 Prozent). Doch tue dies der allgemeinen Exportdynamik keinen Abbruch. “Denn auch im Juli zeigte sich dasselbe Muster wie im ersten Halbjahr”, erklärte der Experte. Eine anhaltend hohe Nachfrage aus Märkten außerhalb der USA habe den Rückgang mehr als ausgeglichen. Die chinesischen Exporteure steigerten dabei ihre Ausfuhren in die Länder der südostasiatischen Asean-Gruppe um fast 17 Prozent und auch in die EU (+9,3 Prozent) kräftig.

Asean ist ein Verband südostasiatischer Staaten, dem unter anderen Vietnam, Indonesien und Singapur angehören. “Die Handelsdaten deuten darauf hin, dass die südostasiatischen Märkte im Handel zwischen den USA und China eine immer wichtigere Rolle spielen”, erläuterte Xu Tianchen, leitender Ökonom beim Analysehaus Economist Intelligence Unit.

Auch viele Staaten in Südostasien sind von der Zollpolitik des Weißen Hauses betroffen. In den USA sind mittlerweile die von Präsident Trump angeordneten höheren Zölle auf Importe aus Dutzenden Ländern in Kraft getreten.

IMPORTE STEIGEN ÜBERRASCHEND

Die Importe in die Volksrepublik stiegen im Juli überraschend um 4,1 Prozent zum Vorjahresmonat. Ökonomen waren von einem Rückgang um 1,0 Prozent ausgegangen. “Mit Blick auf die Importe sollten die Zahlen nicht überbewertet werden. Die Steigerung ist vor allem auf höhere Einfuhren von Technologiegütern und Rohstoffen zurückzuführen. Die Inlandsnachfrage zeigt sich weiterhin wenig dynamisch”, erklärte LBBW-Experte Pannagl.

Chinas Handelsüberschuss verringerte sich auf 98,24 Milliarden Dollar, nach 114,77 Milliarden Dollar im Juni. US-Daten vom Dienstag zeigten, dass das Handelsdefizit der Vereinigten Staaten mit China im Juni mit einem Wert von 9,5 Milliarden Dollar auf den niedrigsten Stand seit mehr als 21 Jahren gesunken war. Handelsdefizite sind Trump ein Dorn im Auge, da er die USA von anderen Staaten über den Tisch gezogen sieht.

(Bericht von Joe Cash, geschrieben von Alexandra Falk, Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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