München (Reuters) – Die italienische Medienholding MFE-MediaForEurope muss bis zur letzten Minute um eine Mehrheit am Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 zittern.
Bis Mittwoch, 14.00 Uhr, hat sich die von der Familie Berlusconi dominierte MFE 40,4 Prozent an der Senderkette aus Unterföhring bei München gesichert, wie aus einer Pflichtmitteilung hervorgeht. 7,08 Prozent der ProSieben-Aktionäre haben die Übernahmeofferte angenommen, gut drei Prozent hat MFE selbst am Markt zugekauft. Eine Bedingung für das Zustandekommen der Übernahme ist das Überschreiten der 50-Prozent-Schwelle nicht. Doch könnten die Italiener Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 nur dann voll in die eigene Bilanz einbeziehen und einen echten europäischen TV-Konzern bilden.
Das Angebot läuft noch bis 24.00 Uhr – ebenso wie die konkurrierende, aber niedrigere Bar-Offerte des tschechischen ProSiebenSat.1-Großaktionärs PPF, der auf bis zu 29,99 Prozent aufstocken wollte, um ein Gegengewicht zu MFE zu bilden. PPF kam bis zum Mittwochnachmittag auf 18,4 Prozent, nachdem der Finanzinvestor General Atlantic seine 2,4 Prozent an ProSieben Insidern zufolge ihm und nicht MFE angedient hatte. Die meisten großen Investoren warten bei Übernahmeangeboten bis zur letzten Minute ab.
PPF bietet 7,00 Euro je Aktie in bar, die MFE-Offerte hat einen Gegenwert von 7,97 Euro, besteht allerdings zum Teil aus A-Aktien von MFE, die schwer handelbar sind. Nach der Erhöhung des MFE-Angebots hatten Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 empfohlen, dieses anzunehmen. ProSieben-Papiere notierten am Mittwoch bei 7,89 Euro.
General Atlantic hatte seine 30-Prozent-Beteiligung an NuCom erst vor wenigen Monaten in ProSiebenSat.1-Aktien getauscht, zu einem rechnerischen Preis von 6,44 Euro. In der NuCom hatte ProSiebenSat.1 mehrere Online-Firmen gebündelt, die nun nach und nach – auch auf Druck von MFE – zum Verkauf stehen. Als erstes war im Frühjahr das Vergleichsportal Verivox an die italienische Moltiply gegangen, der Verkauf des Online-Parfümhändlers Flaconi läuft noch. MFE will die Beteiligungen außerhalb des Kerngeschäfts schnell abstoßen, PPF hatte gebremst.
Ein endgültiges Ergebnis der beiden Offerten dürfte erst am Montag (18. August) feststehen. Danach bekommen die ProSieben-Aktionäre noch einmal zwei Wochen Zeit, ihre Anteilsscheine MFE anzudienen. Langfristig brauchen die Italiener wohl eine Drei-Viertel-Mehrheit, um in Unterföhring durchzuregieren. Ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag ist nach Ansicht des ProSiebenSat.1-Vorstands die Voraussetzung dafür, dass MFE die erhofften Kostensenkungen realisieren kann.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)