– von Reinhard Becker und Rene Wagner
Berlin (Reuters) – Das Geschäftsklima hellt sich zum sechsten Mal in Folge auf und nährt Hoffnung auf eine Rückkehr der deutschen Wirtschaft in die Wachstumsspur.
Die Stimmung in den Chefetagen stieg im August auf 89,0 Zähler, von 88,6 Punkten im Juli, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Dies ist der höchste Wert seit April 2024. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einer Stagnation gerechnet. Grund für den Anstieg des Barometers waren verbesserte Erwartungen der Unternehmen. Die Lage schätzten die Firmen hingegen etwas schlechter ein. “Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich in Trippelschritten aus der Stagnation”, resümierte Ifo-Umfrageleiter Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview.
Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Frühjahr um 0,3 Prozent geschrumpft war, könnte es laut Ifo im dritten Quartal wieder bergauf gehen. Wohlrabe rechnet mit einem Plus beim BIP von 0,1 Prozent. Im Gesamtjahr 2025 könnte demnach sogar ein Plus von 0,2 Prozent herausspringen. Damit würde es nach zwei Rezessionsjahren konjunkturell wieder leicht aufwärtsgehen. 2024 schrumpfte Europas größte Volkswirtschaft um 0,5 Prozent, nachdem sie 2023 um 0,9 Prozent eingebrochen war.
INVESTITIONSBOOSTER ALS STIMMUNGSAUFHELLER
Laut Volkswirt Marc Schattenberg von der Deutschen Bank sind die Aussichten für den weiteren Jahresverlauf positiv: “Nach dem schwachen zweiten Quartal dürfte die deutsche Konjunktur in der laufenden Jahreshälfte nicht zuletzt dank der kräftigen staatlichen Investitionsanreize wieder anziehen.”
Bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen und Anlagen verbesserte sich die Stimmung bereits merklich. Bei diesen keimt laut Ifo-Experte Wohlrabe Hoffnung auf neue Aufträge auf. Ein Grund sei der Investitionsbooster der schwarz-roten Koalition. Dieses Sofortprogramm dient laut der Bundesregierung dem schnellen Anschub von Investitionen, die das Wachstum ankurbeln. Das Gesetz erlaubt unter anderem beschleunigte Abschreibemöglichkeiten für Investitionen, die vom 1. Juli dieses Jahres bis zum 31. Dezember 2027 getätigt werden. “Ein Boom ist allerdings noch nicht in Sicht”, sagte Wohlrabe.
Eingetrübt haben sich dagegen die Exporterwartungen der Unternehmen nach dem Zolldeal zwischen US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dieser sieht einen Einfuhrzoll von 15 Prozent auf US-Importe aus der Europäischen Union vor. “Bei den Exporteuren macht sich nach dem Zoll-Deal mit Trump Ernüchterung breit”, konstatierte Wohlrabe.
Im Bauhauptgewerbe gab der Ifo-Index nach vielen Monaten etwas nach. Die Unternehmen zeigten sich weniger zufrieden mit der aktuellen Lage. Der Ausblick auf die kommenden Monate hellte sich allerdings auf. Die deutsche Baubranche hatte im ersten Halbjahr nach langer Flaute deutlich mehr Aufträge erhalten. Die Bestellungen im Bauhauptgewerbe wuchsen um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Inflationsbereinigt bleibt davon ein reales Plus von 7,3 Prozent.
Zuletzt zeigte der Trend allerdings nach unten: Im Juni fielen die Aufträge um real 2,6 Prozent niedriger aus als im Vormonat. “Die Halbjahresbilanz für das gesamte Bauhauptgewerbe fällt besser aus als von uns ursprünglich erwartet”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. “Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Anstieg auf niedrigem Niveau erfolgt.” Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) erwartet wegen der verbesserten Auftragslage eine Belebung der Baukonjunktur.
(Bericht von Reinhard Becker und Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)