Paris (Reuters) – In Frankreich droht der Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Francois Bayrou im kommenden Monat das Aus. Drei große Oppositionsparteien kündigten am Montag an, bei der für den 8. September geplanten Vertrauensfrage gegen die Regierung zu stimmen.
Die Sozialisten, von deren Votum Bayrous Schicksal weitgehend abhängt, erklärten, sie sähen keine Möglichkeit, ihn zu unterstützen. Parteichef Olivier Faure sagte der Zeitung “Le Monde”, es sei unvorstellbar, Bayrou zu stützen. Im Sender TF1 schloss er dies sogar aus. Die rechtsextreme Nationale Sammlungsbewegung und die Grünen haben bereits erklärt, Bayrou nicht das Vertrauen aussprechen zu wollen.
Bayrou plant Einsparungen von 44 Milliarden Euro. Unter anderem sollen zwei Feiertage gestrichen und Sozialleistungen sowie Steuerklassen im Jahr 2026 auf dem Niveau von 2025 belassen werden. Für September sind Proteste angekündigt, unter anderem von Taxifahrern sowie von linken Parteien und einigen Gewerkschaften. Bayrou hatte die Staatsverschuldung als “tödliche Gefahr” für das Land bezeichnet. Das Haushaltsdefizit Frankreichs erreichte im vergangenen Jahr 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und lag damit fast doppelt so hoch wie die EU-Obergrenze von drei Prozent.
Die Ungewissheit verschreckte die Anleger und ließ die Risikoprämie für französische Anleihen gegenüber ihren deutschen Pendants um fünf Basispunkte auf den höchsten Stand seit Mitte Juni steigen. Der CAC-40-Index der führenden französischen Aktien beendete den Tag mit einem Minus von 1,6 Prozent.
Sollte die Regierung stürzen, könnte Präsident Emmanuel Macron sofort einen neuen Ministerpräsidenten ernennen oder Bayrou bitten, als Chef einer Übergangsregierung im Amt zu bleiben. Ansonsten könnte Macron Neuwahlen ausrufen. Macron verlor seinen letzten Regierungschef, Michel Barnier, durch ein Misstrauensvotum über den Haushalt Ende 2024, nachdem er nur drei Monate im Amt war.
Selbst für den Fall, dass Bayrou die Vertrauensfrage bestehen sollte, ist damit die Krise noch nicht beendet. Denn die Vertrauensabstimmung bezieht sich nur auf die Ansichten Bayrous über Frankreichs Haushaltsprobleme. Über den eigentlichen Haushalt wird später im Jahr abgestimmt.
(Bericht von Elizabeth Pineau und Dominique Vidalon; Geschrieben von Scot W. Stevenson und Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)