Den Haag (Reuters) – Die weltweit führende Vereinigung von Völkermord-Forschern sieht die rechtlichen Kriterien für einen Genozid durch Israel im Gazastreifen als erfüllt an.
In einer am Montag verabschiedeten Resolution heißt es, Israels Politik und Vorgehen in Gaza erfüllten die rechtliche Definition von Völkermord gemäß der UN-Konvention von 1948. Die Resolution sei mit einer Mehrheit von 86 Prozent der abstimmenden Mitglieder verabschiedet worden, teilte die Präsidentin der International Association of Genocide Scholars (IAGS), Melanie O’Brien, mit. Eine Stellungnahme des israelischen Außenministeriums lag zunächst nicht vor.
Israel hat den Vorwurf des Völkermords stets zurückgewiesen, sein Vorgehen als Selbstverteidigung gerechtfertigt und wehrt sich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen eine entsprechende Klage. Die im Gazastreifen agierende und von Israel bekämpfte radikal-islamische Hamas begrüßte die Resolution. “Diese angesehene wissenschaftliche Haltung untermauert die dokumentierten Beweise und Fakten, die vor internationalen Gerichten vorgelegt wurden”, sagte Ismail Al-Thawabta, Direktor des Medienbüros der Hamas-Regierung.
Die UN-Völkermordkonvention von 1948 definiert Völkermord als Verbrechen, die “in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören”. Völkerrechtsprofessorin O’Brien sagte der Nachrichtenagentur Reuters: “Es ist eine endgültige Aussage von Experten auf dem Gebiet der Völkermord-Forschung, dass das, was vor Ort in Gaza geschieht, Völkermord ist.” In der Resolution heißt es zudem, dass auch der Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023, der den Krieg auslöste, internationale Verbrechen darstelle.
Israel begann seinen Militäreinsatz im Gazastreifen im Oktober 2023, nachdem Kämpfer der Hamas israelische Gemeinden angegriffen, dabei 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Geiseln verschleppt hatten. Seitdem wurden bei der israelischen Militäraktion nach palästinensischen Angaben 63.000 Menschen getötet, die meisten Gebäude in dem Gebiet beschädigt oder zerstört und fast alle Einwohner zur Flucht gezwungen. Eine von den Vereinten Nationen herangezogene Beobachtungsstelle für Hunger gibt an, dass Teile des Gebiets unter einer von Menschen verursachten Hungersnot leiden, was Israel jedoch bestreitet.
(Bericht von Stephanie van den Berg, Mitarbeit Nidal al-Mughrabi; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)