Berlin (Reuters) – Der deutsche Staat hat im vergangenen Jahr die bislang höchste Erbschaft- und Schenkungsteuer festgesetzt.
Sie stieg um 12,3 Prozent im Vergleich zu 2023 auf 13,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Dies bedeute “einen neuen Höchstwert”. Demnach entfielen auf die von den Finanzverwaltungen festgesetzte Erbschaftsteuer allein 8,5 Milliarden Euro, ein Plus von 9,5 Prozent. Nachdem die Erbschaftsteuer 2021 einen Spitzenwert von 9,0 Milliarden erreicht hatte, sank sie in den folgenden Jahren und stieg nun 2024 erstmals wieder.
Wegen der schwierigen Haushaltslage werden etwa in der SPD Rufe nach einer höheren Erbschaftsteuer laut. Auch die Industriestaaten-Organisation OECD hat sich wiederholt dafür ausgesprochen. Sie verweist auf hohe Freibeträge, viele Ausnahmen und Lücken. So würden die Steuerfreibeträge für Schenkungen an Familienangehörige zu den höchsten im OECD-Raum gehören.
Dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge zeigen die Zahlen nur einen Bruchteil solcher Vermögensübertragungen. “Tatsächlich werden in Deutschland jedes Jahr nach letzten Schätzungen rund 400 Milliarden Euro vererbt”, sagte der wissenschaftliche IMK-Direktor Sebastian Dullien. “Durch die Inflation der vergangenen Jahre dürfte dieser Wert allerdings sogar noch höher liegen.” Jährlich werden Vermögen in etwa im Volumen des Bundeshaushalts vererbt oder verschenkt. Die allermeisten Erbschaften fielen jedoch nicht in die Statistik, weil sie unter die Freigrenzen lägen, die bei Kindern 400.000 Euro und bei Ehepartnern 500.000 Euro betragen würden.
Die festgesetzte Schenkungsteuer erreichte im vergangenen Jahr mit 4,8 Milliarden Euro einen Rekordwert. Sie legte im Vergleich zu 2023 um 17,8 Prozent zu. Sie steigt den Angaben zufolge seit 2019 kontinuierlich und hat sich seit 2021 mehr als verdoppelt.
Im vorigen Jahr wurden Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen von 113,2 Milliarden Euro veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen sank damit verglichen mit dem Höchstwert des Vorjahres um 6,8 Prozent. Die niedrigeren Veranlagungen der Erbschaften und Schenkungen beruhen etwa auf geringeren Vermögensübertragungen von Betriebsvermögen mit 21,5 Milliarden (-27,9 Prozent). Darunter halbierte sich das übertragene Betriebsvermögen im Wert von mehr als 26 Millionen Euro auf 8,6 Milliarden Euro (-49,7 Prozent).
Zudem wurden mit 7,4 Milliarden Euro auch 28,7 Prozent weniger Anteile an Kapitalgesellschaften veranlagt. Hingegen erhöhten sich das übertragene Grundvermögen (unbebaute und bebaute Grundstücke) auf 46,4 Milliarden Euro (+1,7 Prozent). Das restliche übrige Vermögen wie Bankguthaben, Wertpapiere, Anteile und Genussscheine summierte sich auf 37,8 Milliarden Euro (+1,8 Prozent), das land- und forstwirtschaftliche Vermögen stieg auf 1,6 Milliarden Euro (+6,7 Prozent).
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Myria Mildenberger – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)