München (Reuters) – Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche AG muss den deutschen Leitindex Dax knapp drei Jahre nach seinem Börsengang verlassen.
Eine Entscheidung mit Symbolkraft, sagen Experten. Denn der Rauswurf des Autokonzerns aus der Börsenelite spiegelt die strukturelle Veränderung der deutschen Industrie wider. “Der Dax geht mit der Zeit und das hat auch etwas Gutes”, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets. “Immerhin scheiden schlechte Aktien aus, während starke nachrücken.” Neben Porsche muss auch der Laborausrüster Sartorius aus dem Index der 40 wichtigsten Börsenwerte weichen, dem er seit vier Jahren angehört. Für die beiden Werte rücken der Anlagenbauer GEA und der Betreiber des Immobilienportals “Immoscout24”, Scout24, nach.
EXPERTE: AUTOBRANCHE MUSS SICH NEU ERFINDEN
Im Fall Porsche geht es nach Meinung von RoboMarkets-Analyst Jürgen Molnar aber um mehr als nur eine Index-Anpassung. Vielmehr zeige der Dax-Abstieg die Probleme der deutschen Autoindustrie insgesamt auf. “Eine schleppende Nachfrage nach E-Autos, Einbrüche im wichtigen China-Geschäft und die US-Zölle stellen Deutschlands einstige Vorzeigeindustrie auf eine harte Probe”, fasst Molnar zusammen. Hinzu kämen strukturelle Probleme wie die hohen Standort- und Lohnkosten, eine schleppende Digitalisierung und überbordende Bürokratie. “Die Botschaft ist klar: Die deutsche Autoindustrie muss sich neu erfinden.”
Porsche-AG-Chef Oliver Blume zufolge hat es für sein Unternehmen vor allem wegen technischer Faktoren nicht für einen Dax-Verbleib gereicht. Er verwies im Interview mit der “Frankfurter Allgemeine Zeitung” auf den vergleichsweise geringen frei handelbaren Streubesitz der Aktie und gab sich kämpferisch: “Mit der neuen Ausrichtung von Porsche haben wir die klare Ambition, baldmöglichst in den Dax zurückzukehren.”
Allerdings steht Porsche derzeit besonders unter Druck. Das Unternehmen leidet in China unter der hartnäckigen Krise auf dem Immobilienmarkt, die wohlhabenden Käufern den Erwerb eines Luxus-Sportwagens verleidet. Zudem hat das Unternehmen keine Antwort auf den chinesischen Boom bei Elektroautos gefunden, der am Luxussegment bislang vorbeigeht. In den USA kommen die Zölle von US-Präsident Donald Trump dazu, die Porsche voll zu spüren bekommt. Die Stuttgarter Volkswagen-Tochter ist bei ihrem wichtigen US-Geschäft vollständig auf Importe aus Europa angewiesen, eine eigene Fertigung in den USA besteht nicht.
PORSCHE-ENTSCHEIDUNG FIEL AUF DER ZIELGERADEN
Während sich der Abstieg von Sartorius und der Aufstieg von GEA seit einigen Wochen abgezeichnet hatte, durfte die Porsche AG bis zum letzten Börsentag im August darauf hoffen, doch noch im Dax zu bleiben. Analysten hatten die Chance im Vorfeld auf 50:50 geschätzt. Doch die Porsche-Aktie hat im Vergleich zum Ausgabepreis vom September 2022 fast die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Am Donnerstag lagen die künftig im MDax notierten Titel 0,4 Prozent tiefer bei 44,36 Euro. Auch die Holding Porsche SE, der von den Familien Porsche und Piech beherrschte Großaktionär von Volkswagen und dessen Sportwagen-Tochter Porsche AG, galt lange als Abstiegskandidat, die Aktie berappelte sich aber im Schlussspurt noch. Wirksam werden die Änderungen zum 22. September.
Es sind die ersten Wechsel im Dax in diesem Jahr. Ende Dezember war der Kunststoffkonzern Covestro nach seiner Übernahme durch den Ölkonzern Adnoc aus dem Index geflogen und durch Fresenius Medical Care ersetzt worden. Der letzte reguläre Dax-Neuling war vor rund zweieinhalb Jahren der Rüstungskonzern Rheinmetall.
(Bericht von Anika Ross, Alexander Hübner. Mitarbeit von Christina Amann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)