Palästinenser: Weitere Tote bei israelischen Angriffen auf Gaza-Stadt

Kairo (Reuters) – Die israelischen Streitkräfte rücken bei ihrer Offensive auf Gaza-Stadt weiter vor und stehen inzwischen nur noch wenige Kilometer vor dem Stadtzentrum.

Immer mehr Palästinenser mussten ihre Häuser verlassen. Tausende trotzen jedoch Israels Evakuierungsaufforderungen und blieben in den Ruinen der Stadt. “Dieses Mal verlasse ich mein Haus nicht. Ich will hier sterben”, teilte Um Nader, eine Mutter von fünf Kindern aus Gaza-Stadt, Reuters per Textnachricht mit. “Es spielt keine Rolle, ob wir wegziehen oder bleiben. Zehntausende, die ihre Häuser verlassen haben, wurden dennoch von Israel getötet, wozu also die Mühe?” Nach Angaben der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen wurden am Donnerstag durch israelisches Feuer im gesamten Küstenstreifen mindestens 28 Menschen getötet, die meisten davon in Gaza-Stadt.

Einwohnern zufolge beschoss Israel die Stadtteile Seitun, Sabra und Schedschaija vom Boden und aus der Luft. Panzer seien in den östlichen Teil des Viertels Scheich Radwan nordwestlich des Stadtzentrums vorgedrungen. Häuser wurden zerstört und in Zeltlagern brachen Brände aus. Eine Stellungnahme Israels zu den Berichten lag zunächst nicht vor. Das israelische Militär hat erklärt, es gehe am Rande der Stadt vor, um Tunnel von Kämpfern zu zerstören und Waffen aufzuspüren. Ein Großteil von Gaza-Stadt wurde in den ersten Kriegswochen im Oktober und November 2023 bereits in Schutt und Asche gelegt. Vor dem Krieg lebten dort etwa eine Million Menschen. Es wird angenommen, dass inzwischen Hunderttausende zurückgekehrt sind, insbesondere nachdem Israel die Evakuierung anderer Gebiete angeordnet und dort Offensiven gestartet hatte.

Israel, das die Zivilbevölkerung nun erneut aufgefordert hat, die Stadt Gaza zu ihrer Sicherheit zu verlassen, gibt an, dass 70.000 Menschen Folge geleistet hätten und nach Süden gezogen seien. Palästinensischen Angaben zufolge hat weniger als die Hälfte dieser Zahl das Gebiet verlassen.

Der Krieg hat im gesamten Gebiet eine humanitäre Krise ausgelöst. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen sind bisher 370 Menschen, darunter 131 Kinder, an Mangelernährung und Hunger infolge akuter Nahrungsmittelknappheit gestorben, die meisten davon in den vergangenen Wochen. Israel hat erklärt, Maßnahmen zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen zu ergreifen, einschließlich der Aufstockung der Hilfslieferungen in das Gebiet.

Ausgelöst wurde der Krieg durch den Angriff der Hamas auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023. Dabei starben etwa 1200 Menschen, 251 wurden in den Gazastreifen verschleppt. Durch die folgende israelische Offensive sind nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden mehr als 63.000 Palästinenser ums Leben gekommen. Der Gazastreifen wurde fast vollständig zerstört. Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung der noch verbliebenen 48 Geiseln laufen zwar auf Hochtouren, hatten bislang aber wenig Erfolg. 20 Geiseln sollen noch am Leben sein.

(Bericht von Nidal al-Mughrabi, bearbeitet von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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