Paris (Reuters) – Mit landesweiten Kundgebungen und Blockaden haben am Mittwoch in Frankreich hunderttausende Menschen gegen den Sparkurs von Präsident Emmanuel Macron protestiert.
Die Demonstranten der sogenannten “Blockiert alles”-Bewegung unterbrachen den Verkehr auf Autobahnen, errichteten brennende Barrikaden und lieferten sich vereinzelt Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Behörden waren landesweit mit mehr als 80.000 Sicherheitskräften im Einsatz. Landesweit beteiligten sich etwa 200.000 Menschen an dem Protest. Es gab mehr als 300 Festnahmen, davon fast 200 in Paris. Unterdessen trat der neue Ministerpräsident Sébastien Lecornu sein Amt an.
Im westfranzösischen Nantes blockierten Demonstranten eine Autobahn mit brennenden Reifen und Mülltonnen. In Rennes wurde ein Bus in Brand gesteckt. Im südfranzösischen Montpellier setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, die an einem Kreisverkehr eine Barrikade errichtet hatten. Ein großes Transparent trug die Aufschrift: “Macron, tritt zurück”. Auch in Paris kam es zu Ausschreitungen, bei denen die Polizei Tränengas einsetzte und Feuerwehrleute Brände an Barrikaden und in einem Gebäude löschen mussten.
Die Bewegung wird mit der “Gelbwesten”-Rebellion verglichen, die in den Jahren 2018 und 2019 zu heftigen Zusammenstößen zwischen Staat und Demonstranten führte. Die Bewegung “Blockiert alles” entstand im Mai in rechten Gruppen in den sozialen Medien und wurde inzwischen von linken und linksextremen Gruppen übernommen. Die Proteste spiegeln die Wut über eine aus Sicht der Demonstranten unfähige, auf Sparmaßnahmen fixierte Regierungselite wider.
Angesichts dieses Widerstandes kündigte Lecornu an, kreative Wege für die Zusammenarbeit mit der Opposition zu suchen, um einen Haushalt zum Schuldenabbau zu verabschieden. Zugleich stellte er auch “notwendige Brüche” in der Politik in Aussicht. Macron hatte den bisherigen Verteidigungsminister am Dienstag ernannt. Er ist bereits der fünfte Regierungschef in Macrons zweiter Amtszeit.
Lecornus Vorgänger, François Bayrou, war am Montag durch ein selbst gestelltes Misstrauensvotum wegen seiner Pläne zum Abbau des hohen Haushaltsdefizits gestürzt worden. Lecornus vordringlichste Aufgabe ist es nun, einen Sparhaushalt für 2026 durch das politisch tief gespaltene Parlament zu bringen. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) signalisierte Bereitschaft zur Zusammenarbeit. RN-Chef Jordan Bardella griff Lecornus Wortwahl auf und forderte ebenfalls einen Bruch mit der bisherigen Politik: “Entweder es gibt einen Bruch, oder es gibt ein Misstrauensvotum.”
(Bericht von Michel Rose, Stephane Mahe, Juliette Jabkhiro und Dominique Vidalon. Geschrieben von Hans Busemann. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)