Deutscher Botschafter warnt vor Trump – Baerbock verteidigt Diplomaten

– von Sabine Siebold

Berlin (Reuters) – Nach einem Reuters-Bericht über Warnungen des deutschen Botschafters in den USA vor der Agenda des künftigen US-Präsidenten Donald Trump hat sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schützend vor ihren Diplomaten gestellt.

“Natürlich berichten Botschaften, das ist ihr Auftrag, gerade bei Regierungswechseln darüber, worauf müssen wir uns einstellen”, sagte Baerbock am Sonntag in der ZDF-Sendung “Berlin direkt”. “Das tut natürlich auch Washington, unsere Botschaft dort”, antwortete die Grünen-Politikerin auf eine Frage zu den kritischen Äußerungen des deutschen Botschafters in dem vertraulichen Dokument. “Da wird wiedergegeben, was von der Administration angekündigt worden ist”, sagte Baerbock in der ARD-Sendung “Caren Miosga”.

Der deutsche Botschafter in den USA befürchtet dem Dokument zufolge von Trump und dessen Regierung grundlegende Änderungen der politischen Ordnung des Landes. Trumps Agenda bedeute eine “maximale Machtkonzentration beim Präsidenten zulasten von Kongress und Bundesstaaten”, heißt es in einer Reuters vorliegenden vertraulichen Analyse für die Bundesregierung. Das Papier ist mit Datum vom 14. Januar von Botschafter Andreas Michaelis unterzeichnet. Reuters hatte in der Nacht zum Sonntag darüber berichtet.

Trump verfolge eine Agenda “der maximalen Disruption”, heißt es in dem Papier. Demokratische Grundprinzipien und das US-System der Gewaltenteilung (Checks and Balances) würden weitestgehend ausgehebelt. Legislative, Gesetzesvollzug und Medien würden ihrer Unabhängigkeit beraubt und politisch missbraucht. Große Technologiekonzerne (“Big-Tech”) erhielten “Mitregierungsgewalt”. Bereits jetzt gingen Trump und sein Berater Elon Musk, der milliardenschwere Eigentümer der Kurznachrichtenplattform X, gegen Kritiker und unliebsame Medienunternehmen vor.

Botschafter Michaelis spricht in seiner Analyse der US-Justiz, vor allem dem Obersten Gerichtshof, eine zentrale Rolle bei den durch Trump zu erwartenden innenpolitischen Konflikten zu. Auch wenn der Supreme Court zuletzt präsidiale Macht ausgeweitet habe, rechneten selbst größte Kritiker damit, dass dieser das Schlimmste verhindern werde.

Strafverfolgung werde zum Instrument der Politik, heißt es in dem Papier. Zentral für die Umsetzung von Trumps Zielen wie Massenabschiebungen, Vergeltungsmaßnahmen sowie die Sicherung seiner rechtlichen Unantastbarkeit seien die Kontrolle über das Justizministerium und das FBI. In Konflikten mit Bundesstaaten, die in den USA traditionell weit reichende Machtbefugnisse besitzen, habe Trump weit reichende Möglichkeiten etwa durch Notstandsregelungen. Auch ein Militäreinsatz im Inland für Polizeiaufgaben sei möglich.

BAERBOCK: MÖGLICHE EINGRIFFE IM JUSTIZBEREICH

Baerbock sagte, Trump habe bereits Schritte angekündigt, “gerade auch mit Blick auf Entscheidungen, die in Zukunft allein aus dem Weißen Haus getroffen werden sollen, mit Blick auf Eingriffe auch im Justiz- und im Rechtsbereich. Und darauf müssen wir uns natürlich einstellen”. Die USA seien Deutschlands engster Partner. “Wir wollen weiter eng zusammenarbeiten, aber wir wollen natürlich auch für unsere eigenen Interessen weiter einstehen.”

Zuvor hatte das Auswärtige Amt erklärt, man äußere sich grundsätzlich nicht zu internen Papieren, Analysen oder Botschaftsberichten. Die US-Bevölkerung habe sich in einer demokratischen Wahl für Trump entschieden. “Natürlich werden wir auch mit der neuen US-Administration im Interesse Deutschlands und Europas eng zusammenarbeiten”, hieß es in der Stellungnahme. “Als Bundesregierung pflegen wir in den USA ein enges Beziehungsnetz in die Breite der Gesellschaft, in die Bundesstaaten sowie im US-Kongress über Parteigrenzen hinweg.” Trumps Stab äußerte sich zunächst nicht.

Der Republikaner Trump übernimmt das Amt des mächtigsten Politikers der Welt am Montag von dem Demokraten Joe Biden. Die deutsche Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz hattte sich seit der Wahl Trumps mit direkter öffentlicher Kritik weitgehend zurückgehalten.

(Bericht von Sabine Siebold, Mitarbeit von Friederike Heine, Christian Krämer und Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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