– von Christoph Steitz und Emma-Victoria Farr und Jan Lopatka
Frankfurt/Prag (Reuters) -Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky könnte Insidern zufolge nach Thyssenkrupp den verstaatlichten Düsseldorfer Energiekonzern Uniper ins Visier nehmen.
Kretinsky gehöre zu den Investoren, die das Bundesfinanzministerium wegen Uniper angesprochen habe, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Energieholding EPH, die mehrheitlich Kretinskys Investmentarm EPCG gehört, sei an dem Prozess beteiligt, sagte ein Insider.
EPH und Uniper lehnten eine Stellungnahme ab. Das Bundesfinanzministerium bekräftigte, verschiedene Optionen zu prüfen. Es gelte unverändert, dass bislang keine finale Entscheidung über den Zeitpunkt und die Form einer möglichen Transaktion getroffen sei.
Kretinsky war erst im vergangenen Jahr mit 20 Prozent bei der Stahlsparte von Thyssenkrupp eingestiegen. Verhandlungen über den Erwerb eines weiteren Pakets von 30 Prozent sind bislang ohne Ergebnis geblieben. In Deutschland ist Kretinsky unter anderem noch am Handelskonzern Metro beteiligt.
Erst vor wenigen Tagen hatte Reuters gemeldet, dass der Bund, dem fast alle Uniper-Anteile gehören, einen Komplettverkauf durchspielt. Der Bund habe für das Paket von 99,12 Prozent unter anderem den kanadischen Vermögensverwalter Brookfield im Blick, sagten Insider. Zudem seien der norwegische Energiekonzern Equinor und Taqa aus Abu Dhabi angesprochen worden. Jeder Deal dürfte wegen der Bedeutung Unipers für die Energieversorgung in Deutschland genau unter die Lupe genommen werden, sagten Insider.
Der Bereich Energie wird von der Regierung als kritische Infrastruktur betrachtet. Übernahmeversuche von Bietern außerhalb der EU können kritisch geprüft und sogar blockiert werden. Uniper ist der größte Betreiber von Gasspeichern in Deutschland und liefert jährlich rund 200 Terawattstunden Gas an rund 1000 Kunden, unter anderem Industrieunternehmen und Stadtwerke. Das entspricht etwa einem Viertel des gesamten Gasverbrauchs in Deutschland im vergangenen Jahr. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen mit 2,55 Gigawatt fast ein Viertel der sogenannten systemrelevanten Kraftwerkskapazität in Deutschland, die zur Sicherung der Energieversorgung jederzeit vorgehalten werden muss.
Der Bund hatte den größten deutschen Gaskonzern während der Energiekrise 2022 verstaatlicht. Uniper war durch den zunächst teilweisen und schließlich völligen Gaslieferstopp des russischen Gasriesen Gazprom an den Rand einer Pleite geraten. Der Staat hatte daraufhin ein Stabilisierungspaket geschnürt, von dem Uniper 13,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen hatte. Inzwischen machen die Düsseldorfer wieder Milliardengewinne. Die EU-Kommission hatte die Übernahme unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass der Staat seine Beteiligung bis spätestens 2028 auf maximal 25 Prozent plus eine Aktie abschmilzt. Zudem muss Uniper bis Ende 2026 eine Reihe von Vermögenswerten verkaufen, darunter das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen.
(Bericht von Christoph Steitz, Emma-Victoria Farr und Jan Lopatka. Mitarbeit: Andres Gonzalez, Christian Kraemer. Bearbeitet von Tom Käckenhoff, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)