Wien (Reuters) – Der Tiroler Immobilien-Investor und Signa-Gründer Rene Benko ist in Österreich festgenommen worden.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft teilte am Donnerstag in Wien mit, sie habe die Festnahme Benkos durch die Soko Signa des Bundeskriminalamts angeordnet. “Als Haftgründe werden sowohl Tatbegehungsgefahr als auch Verdunkelungsgefahr angenommen”, hieß es zur Begründung. Über ein Jahr nach der Pleite der Signa Holding ist Benko damit aktuell in Polizeigewahrsam. Die Staatsanwaltschaft stellte am Mittag Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft. Das Landesgericht Wien muss binnen 48 Stunden darüber entscheiden. Von Benkos Rechtsanwalt Norbert Wess war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Benko hatte mit seinem weit verzweigten Signa-Reich, zu dem neben zahlreichen Immobilien unter anderem auch der deutsche Warenhausriese Galeria gehörte, die größte Pleite in der Wirtschaftsgeschichte Österreichs hingelegt. Gläubiger auch aus Deutschland machten in der Folge Milliardenforderungen geltend.
In Österreich laufen mehrere Verfahren gegen Benko. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt etwa wegen des Verdachts, dass bei der Verlängerung eines Bankkredits im Sommer 2023 mutmaßlich die Zahlungsfähigkeit der Signa-Gruppe vorgetäuscht worden sei. Bei den Ermittlungen gegen Benko persönlich ging es nach früheren Angaben der WKStA unter anderem darum, dass er Vermögenswerte, wie zum Beispiel einen Sportwagen, teure Waffen und anderes, verborgen oder ohne angemessene Gegenleistung veräußert habe und dadurch die Befriedigung von Gläubigern verhindert haben soll. Auch die Justiz in Italien hat den Immobilien-Investor ins Visier genommen. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte bestätigt, dass gegen Benko ein Europäischer Haftbefehl erlassen worden sei.
“KAPITALERHÖHUNG DURCH GELDKARUSSELL”
Die Festnahme begründete die WKStA nun damit, Benko habe im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht, dass er “unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung” sei. Diese gehört zu Stiftungen im Umfeld der Familie Benko. Der ehemalige Immobilien-Tycoon habe mit seinem Vorgehen Vermögenswerte verschleiert und dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen. Die Staatsanwaltschaft habe entsprechende Verdachtsmomente durch eine Telefonüberwachung und Aussagen von Geschäftspartnern, Geschäftsführung und Mitarbeitern gesammelt. Auch habe Benko Beweismittel gefälscht, um drei wertvolle Schusswaffen dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen.
Benko habe zudem mit der Signa Holding eine Art Schneeball-System betrieben: “Kapitalerhöhung durch Geldkarussell” werfen ihm die Ermittler vor. Benko habe Gesellschafter der Holding zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft verleitet, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Er habe dabei in Aussicht gestellt, selbst durch die Familie Geld zuzuschießen. “Dabei soll er die Investments der getäuschten Gesellschafter zum Teil durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben”, erklärten die Ermittler. Beteiligt an der Holding waren in der Vergangenheit unter anderem der Manager Ernst Tanner vom Schokoladenhersteller Lindt&Sprüngli, die Familien-Privatstiftung des Bauunternehmers und Ex-Strabag-Chefs Hans Peter Haselsteiner, Fressnapf-Gründer Torsten Toeller und der Schweizer Kaffeemaschinenunternehmer Arthur Eugster.
Der Verdacht der Untreue steht im Fall Benko ebenfalls im Raum: Die Signa Holding soll eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt der dazugehörigen Nobel-Villa am Gardasee, die Villa Eden Gardone, an die zum Benko-Umfeld gehörende INGBE Stiftung verkauft haben – dies jedoch ohne ausreichenden Gegenwert.
Die Signa Holding, die Dachgesellschaft von Benkos Handels- und Immobilienimperium, hatte im November 2023 Insolvenz angemeldet. Benko selbst beantragte im März 2024 Privatinsolvenz. Die Folgen der Signa-Pleite hatten auch Deutschland erreicht – sie betraf zahlreiche Immobilien und Projekte in Innenstädten, aber auch die Warenhauskette Galeria. Neben den Ermittlungen in Österreich und Italien laufen Untersuchungen auch in Deutschland und Liechtenstein. Um die Vorgänge in der Bundesrepublik aufzuklären, hat die WKStA gemeinsame Teams mit den Staatsanwaltschaften Berlin und München I gebildet. Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte im vergangenen Juni erklärt, zur Insolvenz der ehemals zu Signa gehörenden KaDeWe Group rund um das gleichnamige Berliner Luxus-Kaufhaus gebe es Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft München hatte mitgeteilt, sie gehe dem Verdacht der Geldwäsche sowie möglicher Insolvenzdelikte nach.
(Bericht von Francois Murphy und Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)