SAP glaubt trotz Trump an Erfolg von Nachhaltigkeitssoftware

– von Hakan Ersen

Frankfurt (Reuters) – Unabhängig vom Trend zur Abschwächung von Klimaschutzzielen in den USA rechnet SAP mit einem weltweit wachsenden Bedarf an Computerprogrammen zur Steuerung und Dokumentation von Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen.

“In zehn bis 15 Jahren wird das sicher Mainstream sein”, prognostiziert Dominik Asam, der Finanzchef des Walldorfer Softwarehauses, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. “Das Thema Nachhaltigkeit wird aus der Diskussion der Anleger nicht verschwinden.” Für Entscheidungen bei dem komplexen Thema bräuchten Unternehmen verlässliche Zahlen und Analyse-Instrumente.

Asam sieht daher Potenzial für die SAP-Software “Green Ledger”, die allerdings noch in den Kinderschuhen steckt, wie der Finanzchef einräumt. Neben einigen Entwicklungspartnern wie dem Chemiekonzern Covestro nutze bislang hauptsächlich SAP selbst das Programm. Der Manager stellt aber erste Vertragsabschlüsse in Aussicht: “In der zweiten Hälfte diesen Jahres wird einiges passieren.”

Die Software hilft Asam zufolge Unternehmen dabei, die Nachhaltigkeitsberichterstattung ähnlich nachprüfbar zu machen wie eine finanzielle Bilanz. Ab 2028 soll das im Rahmen der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Fall sein. Das SAP-Programm verzahne zum Beispiel Informationen zum CO2-Fußabdruck eines Produktes mit anderen Kennzahlen wie dem Preis. Ein Unternehmen könne dann leichter erkennen, ob für eine Reduzierung des Schadstoff-Ausstoßes der Wechsel eines Lieferanten oder bestimmte Investitionen sinnvoll seien. Allerdings müssten die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung klar sein. “Denn ohne eine klare Regulierung haben wir das Henne-Ei-Problem”, sagt Asam.

WÄHLERSTIMME ENTSCHEIDET MIT KLIMASCHUTZ

Auch Sebastian Westphal, Technologie-Vorstand beim Verband Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) und damit Vertreter der SAP-Kunden, sieht ein Dilemma: Die Diskussion um eine Abschwächung oder Aufgabe von Klimaschutzzielen in den USA und Europa könnte einige Firmen dazu veranlassen, ihr Geld erst einmal in andere Projekte als in Nachhaltigkeitssoftware von SAP oder anderen Anbietern zu stecken. “Wenn sich bei den anstehenden Wahlen keine kritische Masse für deutlich mehr Klimaschutz ausspricht, dann werden wir vermutlich auch keine Graswurzelbewegung erleben, die die Unternehmen dorthin zwingt.”

In Europa stehen unter anderem eine Verlängerung der Fristen für eine verbindliche Nachhaltigkeitsberichterstattung und geringere Strafen für deren Missachtung zur Diskussion. Auch das Thema Bürokratie-Abbau spielt eine Rolle. So fordert das Deutsche Aktieninstitut eine drastische Reduzierung der Informationen, die Unternehmen nach der CSRD vorlegen müssen.

In den USA war eine der ersten Amtshandlungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen auszusteigen. Dazu verließen eine Reihe von US-Banken die Net-Zero Banking Alliance, die sich für ein nachhaltigeres Finanzsystem einsetzt. SAP-Manager Asam gibt sich dennoch optimistisch. “Ich habe beim Weltwirtschaftsforum in Davos viele Investoren gesprochen, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Die sind trotz der jüngsten US-Wahlen sehr optimistisch.” Bei der Umweltgesetzgebung liege viel im Zuständigkeitsbereich der US-Bundesstaaten, die meist an ihren Zielen festhielten.

DSAG-Vorstand Westphal, der bei der Deutschen Bahn die Abteilung Digitalisierung, Prozesse und Systeme Finanzen leitet, kritisiert allerdings, dass der Walldorfer Konzern “Green Ledger” nur den Nutzern seiner Cloud anbiete. “Der Ausschluss von Kundengruppen ist aus DSAG-Sicht schädlich für die Verbreitung. Aber je stärker die gesetzlichen Anforderungen werden, desto stärker wird natürlich der Druck auch an einen Hersteller wie SAP, diese Lösungen allen Bestandskunden zur Verfügung zu stellen. Denn die Anforderungen betreffen am Ende alle.”

(Bericht von Hakan Ersen, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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