Washington (Reuters) – Hohe Zölle auf Einfuhren aus Kanada, Mexiko und China bergen der US-Notenbank Fed zufolge Inflationsrisiken.
“Man kann davon ausgehen, dass die Art von breit angelegten Zöllen, die am Wochenende angekündigt wurden, Auswirkungen auf die Preise haben”, sagte die Präsidentin der regionalen Notenbank Boston Fed, Susan Collins, am Montag (Ortszeit) in einem Interview mit dem Sender CNBC. Sie fügte hinzu: “Mit breit angelegten Zöllen würde es tatsächlich nicht nur zu Preissteigerungen bei Endprodukten kommen, sondern auch bei einer Reihe von Zwischenerzeugnissen.”
Genau beziffern ließen sich die Auswirkungen nicht. Da es kaum Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit zu den Folgen neuer Zölle für die Wirtschaft gebe, sei dies nur schwer einzuschätzen. Womöglich könnte die Fed einen einmaligen, mit den Zöllen verbundenen Anstieg der Inflation sogar ignorieren.
Gerade diese mangelnde Klarheit erfordere ein langsameres Vorgehen bei Zinssenkungen, sagte der Präsident der Chicago Fed, Austan Goolsbee, bei Marketplace Radio. “Jetzt müssen wir etwas vorsichtiger und umsichtiger sein, was die Geschwindigkeit angeht, mit der die Zinsen gesenkt werden”, sagte Goolsbee. “Denn es besteht das Risiko, dass die Inflation bald wieder ansteigt.” Er bekräftige, dass die Zinsen angesichts der bisherigen Erfolge im Kampf gegen die Inflation und zur Ankurbelung der Konjunktur im nächsten Jahr deutlich gesenkt werden könnten.
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hatte den Leitzins jüngst in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen. Damit endete die Senkungsserie vorerst, die im September begonnen hatte und der zwei weitere Lockerungen folgten. Die Währungshüter haben laut Fed-Chef Jerome Powell angesichts der robusten Konjunkturlage “keine Eile”, weitere Schritte einzuleiten.
US-Zölle auf Einfuhren aus China traten am Dienstag in Kraft und lösten unmittelbar Vergeltungsmaßnahmen der Volksrepublik aus. Die Einführung von Zöllen gegenüber Mexiko und Kanada hatte US-Präsident Donald Trump am Montag dagegen in letzter Minute aufgeschoben. Im Gegenzug für Zugeständnisse bei der Grenzsicherung und der Bekämpfung der Kriminalität einigte er sich mit den beiden Nachbarländern darauf, die neuen Zölle noch vor Inkrafttreten 30 Tage lang auszusetzen. Der Europäischen Union hat Trump ebenfalls mit Zöllen gedroht.
Analysten des Peterson Institute for International Economics schätzen, dass die Umsetzung sämtlicher Zölle auf die drei Länder Kanada, Mexiko und China den durchschnittlichen amerikanischen Haushalt jährlich zusätzlich 1200 Dollar kosten könnten. “Die Belastung wird unverhältnismäßig stark auf einkommensschwache Haushalte fallen”, sagte ING-Ökonom James Knightley. “Denn sie geben im Vergleich zu einkommensstärkeren Haushalten einen größeren Teil ihres Einkommens für materielle Güter aus.” Er wies darauf hin, dass Zölle für amerikanische Bürger in Wirklichkeit Steuererhöhungen seien.
(Bericht von Michael Derby and Howard Schneider, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)