Berlin (Reuters) – SPD und Grüne haben einen Vorschlag der FDP-Fraktion zurückgewiesen, die am Freitag gescheiterten Vorschläge zum Stopp des Familiennachzugs in einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Europäischen Asylsystems aufzunehmen.
“Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und pragmatische Lösungen zu finden, die nicht nur tragfähig, sondern auch rechtlich belastbar sind”, schreibt der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Schreiben an FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Sie könne in dem Schreiben von Dürr “kein ernsthaftes Gesprächsangebot” erkennen, erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic. FDP-Chef Christian Lindner schlug in der “Rheinischen Post” einen zeitlich begrenzten Stopp des Familiennachzugs vor.
Am Freitag war ein Unions-Gesetzentwurf zu einem sogenannten Zustrombegrenzungs-Gesetz im Bundestag gescheitert. CDU/CSU, AfD, FDP und BSW hatten gemeinsam für den Gesetzentwurf gestimmt. Bei der Union, vor allem aber bei der FDP gab es dabei viele Abweichler. Die gemeinsame Abstimmung von Union und FDP mit der als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften AfD hatte heftige Proteste und Massendemonstrationen ausgelöst.
Dürr hatte in einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU, SPD und Grüne am Montagabend vorgeschlagen, doch noch einen “Migrationspakt der Mitte” zu verabschieden. Dazu wollte die FDP die Inhalte des Zustrombegrenzungs-Gesetzentwurfs in den Gesetzentwurf für die nationale Umsetzung der Europäischen Asylreform von SPD und Grünen überführen. Dürr bezeichnet dieses Gesetzespaket anders als Mützenich als “inhaltlich unstrittig”. Wenn Union und SPD auf eine Anhörung verzichteten, könnten die Beratungen im Innenausschuss des Bundestages an diesem Freitag abgeschlossen werden. Dann könnte der Bundestag in seiner Sitzung am 11. Februar das Gesetz beschließen.
Sowohl Mützenich als auch Mihalic verwiesen auf die missglückte Abstimmung am Freitag und die Abweichler bei den Liberalen. “Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein politisches Spiel gespielt werden soll”, sagte Mihalic. Sie warf Dürr vor, eine “Show abzuziehen”. Stattdessen sei es wichtig, “dass die FDP eindeutig erklärt, dass sie zukünftig darauf verzichtet, für ihre politischen Initiativen Mehrheiten in Kauf zu nehmen, die nur mit AfD-Stimmen zustande kommen”.
SPD-Fraktionschef Mützenich reagierte ebenso reserviert. Man lade die FDP ein, an der Umsetzung der vorliegenden Gesetzentwürfe zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS), der Erweiterung der Befugnisse für Sicherheitsbehörden und der Reform des Bundespolizeigesetzes mitzuarbeiten. Der Unions-Gesetzentwurf zum sogenannten Zustrombegrenzungs-Gesetz weise dagegen “rechtliche Probleme und Unsicherheiten auf” und sei an einigen Stellen praxisuntauglich. “Zurecht wurde der Gesetzentwurf der Union daher vom Bundestag abgelehnt”, betont Mützenich.
Der SPD-Fraktionschef schreibt in Anspielung auf die Abstimmung am Freitag, dass eine frühere Zusammenarbeit der FDP erspart hätte, “einerseits mit einer rechtsextremen Partei zu stimmen und andererseits festzustellen, dass Ihre Vorstellungen noch nicht einmal von allen Mitgliedern der FDP-Fraktion geteilt werden”.
FDP-Chef Christian Lindner bot SPD und Grünen eine Zusammenarbeit an, “wenn im Gegenzug die sinnvollen Elemente aus dem Unionsgesetz aufgenommen würden”. “Insbesondere die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ist dabei umstritten”, sagte er. Die Grünen wollten den Familiennachzug sogar ausweiten. “Als Kompromiss bieten wir an, die Aussetzung zunächst auf einige Jahre zu befristen”, sagte Lindner.
(Bericht von Andreas Rinke, Holger Hansen,; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)