Kopenhagen (Reuters) – Die dänische Politik zur Integration von Migranten und ihren Nachkommen verstößt offenbar gegen europäisches Recht.
Die zwangsweise Auflösung von Stadtteilen, in denen hauptsächlich Angehörige einer zugewanderten Volksgruppe wohnen, sei diskriminierend, sagte eine federführende Beraterin des obersten Gerichts der Europäischen Union am Donnerstag. In den kommenden Monaten soll ein Urteil in der Sache ergehen. Der Streit geht um das Wohnungsbaugesetz, mit dem Integration gefördert werden soll.
Im Mittelpunkt des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof steht die Frage, ob die Verwendung des Begriffs “ethnische Herkunft” zur Klassifizierung der Zusammensetzung von Wohnvierteln rassistsisch ist. “Die Regelung, die Begriffe wie ‘Einwanderer und ihre Nachkommen aus nicht-westlichen Ländern’ für die Kategorisierung eines Viertels verwendet, in dem die Zahl der Sozialwohnungen reduziert werden soll, muss als unmittelbare Diskriminierung ausgelegt werden”, sagte EuGH-Beraterin Tamara Carpeta. Ihre Stellungnahme ist nicht bindend, könnte aber eine Entscheidung beeinflussen.
In Dänemark werden Stadtviertel als “Transformationsgebiet” eingestuft, wenn über die Hälfte der Bewohner nichtwestliche Einwanderer oder deren Nachkommen sind. Zudem müssen mindestens zwei weitere Kriterien in Bezug auf Bildung, Einkommen, Kriminalität und Erwerbsbeteiligung erfüllt sind. Ist das gegeben, müssen Wohnungsbaugesellschaften den Anteil der Sozialwohnungen in diesen Vierteln bis 2030 auf 40 Prozent reduzieren.
Unter Berufung auf das Gesetz wurden Sozialwohnungen in Kopenhagen und anderswo aufgelöst. Dagegen protestierten Bürgerrechtsaktivisten. Eddie Khawaja, ein Anwalt von Anwohnern, denen die Räumung des Kopenhagener Mjolnerparken droht, begrüßte die Stellungnahme von Carpeta: “Ich und meine Mandanten sind unglaublich glücklich, dass die Generalanwältin genau die gleiche Meinung vertritt.”
(Bericht von von Louise Breusch Rasmussen und Isabelle Yr Carlsson, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)