Netzprobleme verhageln 1&1 und United Internet die Bilanz

Frankfurt (Reuters) – Die Nachwehen eines mehrtägigen Netzausfalls machen dem Mobilfunker 1&1 und seinem Mutterkonzern United Internet zu schaffen.

Wegen einer Kündigungswelle und höherer Kosten seien die Ergebnisse für 2024 hinter den Erwartungen zurückgeblieben, teilten die beiden Unternehmen mit.

Gleichzeitig machte die Politik Druck, die Auflagen für die Zuteilung von Mobilfunk-Frequenzen zu erfüllen. 1&1 müsse bis zum 30. Juni die “Weißen Flecken” in seinem Mobilfunknetz schließen und hierfür zusätzliches Geld in die Hand nehmen, zitierte die “Wirtschaftswoche” aus einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage des Magazins.

Die Papiere von United Internet brachen daraufhin am Freitag zeitweise um fast elf und diejenigen von 1&1 um 8,5 Prozent ein. Das war jeweils der größte Kursrutsch seit der Prognose-Senkung vom November. “Der Netzaufbau hängt als Damokles-Schwert über der Aktie”, sagte ein Börsianer.

NEWCOMER WILL DIE PHALANX DER ETABLIERTEN AUFBRECHEN

1&1 hatte bei der Auktion von 2019 mehrere Frequenzen für den modernen 5G-Mobilfunkstandard erworben, um sich neben Deutscher Telekom, Vodafone und O2 Telefonica als vierter Netzbetreiber zu etablieren. Im Gegenzug verpflichtete sich die United Internet-Tochter zum Aufbau von rund 1000 Basisstationen bis Ende 2022. Dieses Ziel wurde allerdings deutlich verfehlt.

1&1 machte dafür vor allem den Partner und Funkturm-Betreiber Vantage Towers verantwortlich. Dieser bevorzuge beim Standort-Ausbau seinen Großaktionär Vodafone. Das Bundeskartellamt untersucht aktuell eine mögliche Behinderung von 1&1. Unabhängig davon droht dem Mobilfunker ein Bußgeld der Bundesnetzagentur wegen der Verzögerungen beim Netzausbau.

1&1 UND UNITED INTERNET ENTTÄUSCHEN MIT ZAHLEN

Der Gesamtumsatz von 1&1 schrumpfte vorläufigen Berechnungen zufolge 2024 um ein knappes Prozent auf 4,06 Milliarden Euro. Bei den wichtigen Serviceerlösen verfehlte das Unternehmen mit 3,3 Milliarden Euro das im November gesenkte Ziel knapp. Der operative Gewinn ging um gut zwei Prozent auf 590,8 Millionen Euro zurück. Letzteren hätten Zusatzkosten belastet, weil sich Teile des eigenen Mobilfunknetzes als unterdimensioniert herausgestellt hätten. Dies verzögere den Wechsel von 1&1-Kunden auf das eigene Netz und die damit verbundenen Einspar-Effekte.

Angesichts dieser Probleme und des harten Wettbewerbs in Deutschland könnte 1&1 seine Strategie überdenken, kommentierte Analyst Keval Khiroya von der Deutschen Bank. Möglich wäre ein Abschied von den eigenen Netz-Ambitionen, eine Fusion dieses Geschäftsbereichs oder eine Partnerschaft mit einem Konkurrenten. In diesem Fall könne mit einer Erleichterungsrally an der Börse gerechnet werden.

Bei United Internet stiegen die Erlöse weiteren Angaben zufolge im vergangenen Jahr um 1,9 Prozent auf 6,33 Milliarden Euro und lagen damit im Rahmen der in den vergangenen Monaten mehrfach gesenkten Erwartungen. Das Betriebsergebnis stagnierte dagegen bei 1,29 Milliarden Euro und blieb rund 100 Millionen Euro unter dem angepeilten Wert.

(Bericht von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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