Vor Bundestagswahl mehren sich Anzeichen für zarten Aufschwung

Berlin (Reuters) – Vor der Bundestagswahl fasst die seit Jahren in der Rezession steckende Wirtschaft allmählich wieder Tritt.

Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft – also Industrie und Dienstleister zusammen – stieg im Februar um einen halben Zähler auf 51,0 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Freitag zu seiner monatlichen Befragung von Einkaufsmanagern mitteilte. Dies ist der höchste Wert seit neun Monaten. Das an den Finanzmärkten stark beachtete Barometer liegt damit zugleich den zweiten Monat in Folge über der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert.

“Hoffnungen der Unternehmenslenker ruhen möglicherweise auch auf Reformen nach der Bundestagswahl, während die Zollankündigungen von US-Präsident Trump nicht zu spürbarer Verunsicherung in der Industrie beitragen”, sagte Helaba-Experte Ralf Umlauf zu der erneuten Stimmungsaufhellung in der deutschen Wirtschaft.

Laut DZ Bank-Analyst Sören Hettler haben Donald Trumps Drohkulissen auch die Börsianer nicht sonderlich beeindruckt: “Die Marktteilnehmer setzen darauf, dass Trump die angedrohten Importzölle lediglich als Verhandlungsmasse nutzt, um bei anschließenden Gesprächen ein besseres Ergebnis für die USA zu erzielen”, so der Marktexperte. Zudem schürten die am Sonntag anstehenden Bundestagswahlen Hoffnungen auf einen wirtschaftspolitischen Neuanfang: “Hierfür wäre ein stabiles Zweierbündnis aber die Voraussetzung”, so Hettler. Eine handlungsfähige Regierung könne die hiesige Wirtschaft wieder ankurbeln.

KONJUNKTURELLER RÜCKENWIND

Die Einkaufsmanager-Umfrage lässt darauf schließen, dass die künftige Bundesregierung mit leichtem konjunkturellen Rückenwind rechnen kann: “Insgesamt scheint die Wirtschaft zumindest in den ersten beiden Monaten des Jahres wieder auf Wachstumskurs zu sein”, sagte der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia. Das S & P Global-Barometer für die Service-Branche blieb zwar in der Wachstumszone, schwächte sich aber gegenüber dem Vormonat leicht ab. Die Industrie bremste zugleich ihre Talfahrt.

Chefvolkswirt Daniel Hartmann von der Bantleon AG sieht die deutsche Industrie bereits im Aufwind, was ein gutes Omen für die Euro-Zone sein könne: “Wenn es hier zu einer Belebung kommt, hat dies massive positive Ausstrahleffekte auf die Nachbarländer – allen voran Frankreich, die Niederlande, Belgien und Österreich.”

Der Wachstumsmotor in der Euro-Zone kam im Februar allerdings kaum in Fahrt: Der Einkaufsmanagerindex für Februar notierte mit 50,2 Punkten unverändert. Wachstumsimpulse gingen erneut hauptsächlich vom Servicesektor aus, während die seit langem schwächelnde Industrie ihre Talfahrt verlangsamte.

Die Industrie in Deutschland beendete das Krisenjahr 2024 halbwegs versöhnlich: Ihre Aufträge wuchsen im Dezember um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Dies wurde von manchen Experten als Anzeichen dafür gewertet, dass die deutsche Industrie allmählich wieder Tritt fasse.

Obwohl sich die Auftragslage zu Beginn des Jahres stabilisiert habe, bleibt noch abzuwarten, ob das nicht nur die Ruhe vor dem Sturm ist, meint der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Robin Winkler: “Die exportorientierten Unternehmen profitieren derzeit von einem schwachen Euro, der einen potenziellen Zollkonflikt mit den USA vorweggenommen hat.”

Die Bundesregierung stellt sich auf ein weiteres schwieriges Jahr für die deutsche Wirtschaft ein. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte demnach 2025 nur um 0,3 Prozent zulegen. Auch die meisten Ökonomen rechnen nach zwei Rezessionsjahren derzeit nur mit einer leichten Erholung.

(Bericht von Reinhard Becker,; redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

tagreuters.com2025binary_LYNXNPEL1K0FR-VIEWIMAGE