Frankfurt (Reuters) – Nach der Erleichterung über den Ausgang der Bundestagswahl haben sich Dax-Anleger verunsichert gezeigt.
Der deutsche Leitindex gab am Dienstag um bis zu 0,4 Prozent auf 22.338 Punkte nach, bevor er die Verluste wieder wettmachte. Der EuroStoxx50 blieb mit 5447 Zählern leicht im Minus. “Nach der anfänglichen Wahl-Euphorie gestern gehen die Börsen jetzt wieder zur Tagesordnung über”, erklärte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. “Für weitere positive Kursimpulse muss der designierte neue Bundeskanzler jetzt schnell eine wirtschaftsfreundliche Koalition formen.”
Auf breiter Front blieben europäische Rüstungswerte gefragt. Der Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsindex zog um 1,5 Prozent auf ein frisches Rekordhoch. Treiber waren Berichte, denen zufolge CDU-Chef Friedrich Merz als Wahlgewinner Gespräche über die schnelle Genehmigung von Verteidigungsausgaben in Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro aufgenommen habe. Hintergrund ist, dass sowohl eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse als auch für die Einrichtung eines neuen Sondervermögens eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig ist. Im neuen Bundestag werden AfD und Linke über eine Sperrminorität verfügen, sodass angestrebt werden könnte, noch mit dem alten Bundestag Beschlüsse zu fassen.
RHEINMETALL UND THYSSENKRUPP MIT KURSSPRÜNGEN
Die Aussicht auf weitere Rüstungsinvestitionen hievte Rheinmetall-Aktien um bis zu vier Prozent auf ein frisches Rekordhoch an die Spitze des Dax. Der Rüstungszulieferer Hensoldt verteuerte sich in der Spitze um rund vier Prozent, Panzergetriebehersteller Renk stieg mehr als sieben Prozent.
Größter Gewinner im MDax war Thyssenkrupp mit einem Kurssprung von 13,5 Prozent auf den höchsten Wert seit Oktober 2023. Anleger griffen zu, nachdem Vorstandschef Miguel Lopez angekündigt hatte, vor der Abspaltung der Kriegsschiffsparte eine Aktionärsversammlung abhalten zu wollen. Der Essener Stahl- und Industriegüterkonzern will seine Marine-Sparte noch im laufenden Jahr an die Börse bringen. Dies sei zwar keine neue Idee, aber es sei positiv, dass die Dinge in Bewegung kämen, kommentierte ein Händler.
Wie bereits am Vortag glänzte erneut der MDax, in dem die stärker auf die heimische Wirtschaft ausgerichteten mittelgroßen Unternehmen abgebildet sind. Der Index holte weiter auf: Während der Dax seit Jahresbeginn gut zwölf Prozent gestiegen ist, zog der MDax gut neun Prozent an. In den vergangenen zwölf Monaten hatte der Dax dagegen fast viermal stärker zugelegt als der MDax. “Welche Impulse eine potenzielle schwarz-rote Koalition in Berlin in Sachen Wirtschaft setzen kann, muss abgewartet werden”, sagte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar. Schwache Exporte und maue Investitionen haben die deutsche Wirtschaft Ende 2024 spürbar gebremst, zeigten die BIP-Zahlen.
Einen kräftigen Dämpfer gab es unterdessen am Markt für Kryptowährungen. Die größte Cyberdevise Bitcoin rauschte um mehr als sieben Prozent auf unter 87.000 Dollar und damit auf den niedrigsten Wert seit Mitte November. “Aus Furcht vor einem Handelsstreit zwischen den USA und wichtigen Handelspartnern ist der Bitcoin in der Nacht von Montag auf Dienstag kräftig unter die Räder gekommen”, kommentierte Analyst Timo Emden von Emden Research. “Investoren fürchten, dass eine Eskalation des Handelsstreits die Inflation befeuern und somit die Zinssenkungsfantasien ausbremsen könnte.”
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)