– von Christian Krämer und Maria Martinez und Christine Uyanik
Berlin (Reuters) – Die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump wird die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Jörg Kukies nicht sprengen.
Sie habe auch während Trumps erster Amtszeit fortbestanden, sagte der SPD-Politiker in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. “Und ich bin absolut überzeugt, dass sie unter der jetzigen Trump-Regierung fortbestehen wird.” Es gebe keinen Grund, einen Abgesang anzustimmen. Ein US-Rückzug aus G20 sei noch nie diskutiert worden. “Wir haben keinen Hinweis darauf, dass ein Mitglied sich zurückziehen will.”
Trump hat sich deutlich gegen internationale Organisationen und Abstimmungsformate positioniert. Beim jüngsten Treffen der G20-Außenminister fehlte der neue US-Amtsinhaber Marco Rubio. Anstehende Treffen der G20-Finanzminister diese Woche in Kapstadt hat der neue US-Amtsinhaber Scott Bessent ebenfalls abgesagt, wegen Verpflichtungen zusammen mit Trump. Der Republikaner hat unter anderem der Umsetzung der globalen Steuerreform eine Absage erteilt, lehnt zudem Klimainitiativen ab.
Bisher seien die Berührungspunkte mit der neuen US-Regierung konstruktiv gewesen, sagte Kukies. Das in Kapstadt geplante persönliche Treffen mit Bessent müsse nun aber verschoben werden. Es werde nach einer Alternative anderswo oder per Telefon gesucht. Solche Terminprobleme seien nicht ungewöhnlich. In Washington wird über ein baldiges Treffen von Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin spekuliert. Trump hatte Journalisten zuletzt gesagt, er werde vielleicht noch in diesem Monat mit Putin über ein Ende des Ukraine-Krieges beraten.
Trump hat sich dafür ausgesprochen, die Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) wieder mit Russland zur G8 zu machen. Es sei ein Fehler gewesen, Russland auszuschließen, so Trump. Dies war nach der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 durch Russland geschehen. Der russische Angriff auf die Ukraine vor drei Jahren sei klar verurteilt worden, sagte Kukies. “Deswegen denke ich nicht, dass es ein realistisches Szenario ist, über eine Ausweitung der G7 nachzudenken und Russland wieder aufzunehmen.” Einstimmigkeit zu dieser Frage sei kaum vorstellbar.
KUKIES: DEUTSCHLAND MUSS SEINE HAUSAUFGABEN MACHEN
Die wichtigsten Themen beim Finanzminister-Treffen in Südafrika sind geopolitische Konflikte, die hohe Verschuldung vieler Staaten, das schwache Wachstum der Weltwirtschaft als auch die Unterstützung Afrikas. Deutschland müsse auch seine Hausaufgaben machen, um für mehr Wachstum zu sorgen. Die deutsche Wirtschaft droht 2025 bereits das dritte Jahr in Folge zu schrumpfen, was es noch nie gab. Kukies lobte die internationalen Zentralbanken für eine starke Reaktion auf die hohe Inflation, die mit Zinserhöhungen unter Kontrolle gebracht wurden.
Trump droht nach China auch Europa mit Sonderzöllen, die vor allem die deutsche Autobranche treffen könnten. Die EU-Kommission, die in Europa für die Handelspolitik zuständig ist, habe zuletzt aber konstruktive Verhandlungen in Washington geführt, so Kukies. Es gebe auf beiden Seiten die Bereitschaft, sich auszutauschen. Die EU und die USA seien wirtschaftlich extrem eng verflochten. “Niemand hat ein Interesse, einen Handelskrieg zu starten.” Es gebe dafür auch keinen Grund. Europa habe einen Überschuss beim Export von Waren, die USA bei Dienstleistungen. Das gleiche sich relativ gut aus.
Ob sich die G20-Finanzminister am Ende auf ein gemeinsames Papier mit Zielen einigen können, ließ Kukies offen. “Wir werden sehen, wie es läuft.” Die Gespräche dazu hätten begonnen. Es habe aber immer mal wieder kein gemeinsames Abschlussdokument gegeben. Experten rechnen damit, dass der US-Widerstand gegen viele Vorhaben es dieses Mal extrem schwierig machen wird.
(redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)