Berlin (Reuters) – Die Kauflaune der deutschen Verbraucher trübt sich weiter ein.
Das Barometer für das Konsumklima im März sank überraschend auf minus 24,7 Punkte von revidiert minus 22,6 Zählern im Vormonat, wie die GfK und das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) am Mittwoch mitteilten. Die Forscher prognostizieren anhand einer Umfrage vom Februar unter rund 2000 Verbrauchern die Konsumstimmung für den Folgemonat. Von Reuters befragte Volkswirte hatten für März einen leichten Anstieg erwartet. “Die aktuellen Zahlen zeigen keinerlei Anzeichen für eine Erholung der Konsumstimmung in Deutschland”, erklärte NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl. Seit Mitte 2024 stagniere das Konsumklima auf niedrigem Niveau. “Nach wie vor ist die Verunsicherung unter den Konsumenten groß, und die Planungssicherheit fehlt.”
Die zügige Bildung einer neuen Bundesregierung und eine rasche Verabschiedung des Haushalts für dieses Jahr würden sowohl bei Firmen als auch privaten Haushalten zu mehr Planungssicherheit führen, betonte Bürkl. “Damit wären wichtige Rahmenbedingungen gegeben, damit die Verbraucher wieder eher bereit wären, Geld auszugeben und den Konsum zu beleben.”
Der Rückgang der Konsumlaune sei “ein Zeichen für die Mutlosigkeit der Verbraucher und der zunehmenden Arbeitslosigkeit”, sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. Für den Einzelhandel seien das keine guten Nachrichten und für die Wirtschaft insgesamt ebenso wenig. “Es ist nicht nur die Exportschwäche, die zum Problem für die deutsche Volkswirtschaft geworden ist, sondern auch die Inlandsnachfrage, die im Wesentlichen von den Konsumenten abhängt.” Eine neue Regierung müsse rasch mutige Entscheidungen treffen, die den Menschen wieder Zuversicht gäben.
“Die Verbraucher lassen sich vom Vorfrühling nicht einlullen”, erklärte der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger. Das sei nachvollziehbar, da sich das Konsumumfeld nicht verbessert habe. “Für eine echte Konsumwende muss die neue Bundesregierung nun liefern und Unsicherheiten beseitigen.”
Auch wegen der Inflationsausgleichsprämie ist die Kaufkraft der deutschen Beschäftigten 2024 zwar so stark gestiegen wie seit mindestens 16 Jahren nicht mehr. Die Reallöhne wuchsen um durchschnittlich 3,1 Prozent im Vergleich zu 2023, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. “Das war der stärkste Reallohnanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2008.”
Allerdings hätten die hohen Preissteigerungen der Vergangenheit tiefe Spuren bei den Verbrauchern hinterlassen, erklärten die Ökonomen der Helaba. “Die schwierige Lage der deutschen Industrie und die in der Tendenz des letzten Jahres steigende Arbeitslosenquote sorgen für Verunsicherung.”
SPARNEIGUNG STEIGT – MENSCHEN LEGEN MEHR GELD AUF HOHE KANTE
In diesem Monat blickten die Menschen zwar weniger skeptisch auf die Konjunktur in Deutschland als zuletzt. Sie schauten aber pessimistischer auf ihre künftige Finanzlage. Zudem ließ die Bereitschaft für größere Einkäufe nach, und zugleich legte die Sparneigung zu, mehr Geld auf die hohe Kante zu legen.
Das GfK-Barometer für die Einkommenserwartungen fiel das zweite Mal in Folge und sank auf den tiefsten Stand seit Januar 2024. Grund für die trüben Einkommensaussichten seien gestiegene Preise, eine unsichere wirtschaftliche und politische Lage sowie Unzufriedenheit mit der Politik, erläuterte Bürkl.
Zudem sank die sogenannte Anschaffungsneigung. “Meldungen zu drohenden Werkschließungen, Produktionsverlagerungen ins Ausland sowie Personalabbau in der deutschen Industrie, besonders bei Pkw-Herstellern und deren Zulieferern, führen zu steigenden Sorgen um den Arbeitsplatz”, erklärten die Marktforscher. Trotzdem ließ der Konjunkturpessimismus im Februar etwas nach. Die deutsche Wirtschaft schrumpfte 2023 und 2024. Für das laufende Jahr erwarten Experten allenfalls ein minimales Wachstum nahe der Stagnation. Einige Fachleute befürchten sogar ein drittes Rezessionsjahr in Folge – das wäre die längste konjunkturelle Durstrecke seit Gründung der Bundesrepublik.
(Bericht von Klaus Lauer und Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)