Union und SPD ringen um Finanzierung von Bundeswehr und Infrastruktur

Berlin (Reuters) – Union und SPD haben in der dritten Sondierungsrunde Stunden um eine Einigung über milliardenschwere Finanzierungspakete für Verteidigung und Infrastruktur gerungen.

“Ich glaube, heute ist ein sehr, sehr wichtiger Tag”, sagte CSU-Chef Markus Söder am Dienstag in Berlin. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte zum Stopp der US-Militärhilfe für die Ukraine: “Das bedeutet generell für Deutschland und Europa, dass wir stärker an der Seite der Ukraine stehen müssen als bisher.” Es müsse genug Geld da sein, um die Bundeswehr zu stärken und “um die eigenen Probleme im Land zu lösen, zum Beispiel in der Wirtschaft”, sagte die SPD-Politikerin. Die Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge bekräftigte, eine Reform der Schuldenbremse sei besser als ein Sondervermögen. Diese Ansicht vertrat auch die Bundesbank.

Union und SPD hatten am Freitag Sondierungsgespräche zur Bildung einer Koalition aufgenommen. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Hilfe für die Ukraine zu stoppen, sorgte dafür, dass die Klärung der Finanzfragen vor den Start der eigentlichen Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag gezogen wurden. CDU-Chef Friedrich Merz, der Kanzler Olaf Scholz am Mittwoch treffen wird, hatte gesagt, dass man idealerweise vor dem EU-Sondergipfel am Donnerstag eine Einigung finden sollte. Union und SPD stehen zudem unter Zeitdruck, weil eine Zweidrittelmehrheit für Reformen nur mit dem alten Bundestag möglich scheint, der nur noch bis spätestens 24. März im Amt ist.

Nachdem SPD-Chef Lars Klingbeil am Montag gesagt hatte, dass er wegen des Zeitdrucks durchverhandeln wolle und er deshalb alle Aschermittwochs-Termine absage, folgte CDU-Chef Merz. Er lässt sich bei einem Auftritt im thüringischen Apolda von dem CDU-Abgeordneten Philipp Amthor vertreten. CSU-Chef Markus Söder hält an seinen Terminen laut CSU aber bisher fest.

Nach Informationen von Reuters favorisierten die Unterhändler zwei neue milliardenschwere Kreditlinien noch im März, um mehr Investitionen in Rüstungsgüter und Infrastruktur zu ermöglichen. Vier Top-Ökonomen hatten zuvor ein Konzept vorgelegt, das für beide Sondervermögen ein Volumen von jeweils mehr als 400 Milliarden Euro vorschlägt. Merz hatte am Montag betont, dass man sich zwischen Union und SPD noch nicht auf Zahlen festgelegt habe, sondern zunächst über den Weg spreche.

“Sondervermögen wären der erneute halbherzige Versuch, die Schuldenbremse zu umgehen, statt sie besser zu machen”, sagte Dröge im Deutschlandfunk. “Das ist kurzfristig und wird für die Zukunft massive Folgeprobleme erzeugen.” Die Zustimmung der Grünen ist für eine Zweidrittel-Mehrheit im alten Bundestag nötig.

Angeheizt wurde die Debatte auch durch einen neuen Vorschlag, den die Bundesbank am Dienstag vorstellte. Anstelle der von der Union favorisierte Sondervermögen plädiert die Bundesbank wie SPD und Grüne für eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. “Wir bevorzugen eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, die bessere Planbarkeit bietet”, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel (SPD). “Ein Sondervermögen mit vergleichbarem finanziellen Rahmen wäre aber ebenfalls möglich.”

Die Bundesbank will die Kreditspielräume des Bundes von 0,35 Prozent auf höchstens 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen – vorausgesetzt, dass die Gesamt-Schuldenquote unter 60 Prozent liegt. Davon sollen 0,5 Prozent des BIP ohne Verwendungsvorgaben sowie 0,9 Prozent des BIP ausschließlich für zusätzliche Investitionen verwendet werden dürfen.

(Bericht von Andreas Rinke, Holger Hansen, Frank Siebelt; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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