Berlin (Reuters) – Die deutsche Wirtschaft begrüßt das Finanzpaket von Union und SPD für Infrastruktur und Verteidigung überwiegend.
“Das ist ein wichtiges Signal, um die gefährliche Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche zu stoppen und verteidigungsfähig zu werden”, sagte Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner, am Mittwoch in Berlin. Dies sei mehr als ein Konjunkturpaket. “Es gibt der Wirtschaft die Möglichkeit, über zehn Jahre hinweg überfällige Investitionen in die Zukunft nachzuholen”, sagte Gönner. Das gebe den Unternehmen in unsicheren Zeiten endlich Verlässlichkeit.
“Es ist völlig richtig, dass die künftige Bundesregierung den Ausbau der Infrastruktur beherzt angehen will”, sagte der Präsident der Deutschen Industrie und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. Dabei gehe es aber nicht nur ums Geld. “Wir brauchen vor allem auch mehr Tempo und Effizienz”, fügte Adrian hinzu. Ohne umfassende Beschleunigung von Planung und Genehmigungsverfahren sowie zusätzliche Anstrengungen zur Fachkräftesicherung könne ein milliardenschwerer Infrastrukturfonds vor allem zu immensen Kostensteigerungen führen.
Kritische Worte kamen vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). “Wir begeben uns auf einen gefährlichen Weg”, sagt dessen Präsident Dirk Jandura. Zusätzliche Investitionen in die Bundeswehr und in die Infrastruktur seien zwar richtig und notwendig. “Aber all das über neue Schulden zu finanzieren ohne gleichzeitig die strukturellen Probleme des Landes anzugehen, ist ein hohes Risiko”, betonte Jandura. “Der Staat ist ein schlechter Investor. Und mehr Schulden bedeuten nicht mehr Wettbewerbsfähigkeit.” Es brauche einen echten Kurswechsel, mehr unternehmerische Freiheit, weniger Bürokratie. Das schließe den Umbau der Sozialversicherungssysteme ein. Die Aussetzung der Schuldenbremse müsse ein einmaliger Vorgang bleiben.
“WEGWEISEND UND UNERLÄSSLICH”
Das Paket sei “wegweisend und unerlässlich zugleich – für unseren Industriestandort sowie für ein geopolitisch resilientes, starkes Deutschland und Europa”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. Es biete die Vorteile, finanzielle Mittel zweckgebunden sowie mit klar definierten Zielvorgaben einzusetzen und somit Planungssicherheit für Infrastrukturprojekte zu schaffen.
Ähnlich äußerte sich der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). “Die geplanten Investitionen sind die jetzt dringend benötigte Modernisierungsoffensive”, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. “Wir erwarten nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern auch eine Stärkung unserer nationalen Wettbewerbsfähigkeit.” Die Bauwirtschaft sei froh, dass Schwarz-Rot diesen Schritt gehen wolle.
Aus der Wirtschaft kommen zugleich Forderungen, die Investitionen mit Reformen zu begleiten. Schulden allein lösten keine Probleme, warnte DIHK-Präsident Adrian. “Solide Staatsfinanzen und sicherer Wohlstand kommen in erster Linie durch wirtschaftliches Wachstum.” Deshalb ein umfassendes Paket an Reformen und Wachstumsimpulsen jetzt Priorität haben mit spürbar weniger Regulierung sowie Kostenentlastungen für Betriebe und einen schnelleren Staat. “Zentral ist, dass die getroffenen Entscheidungen von beherzten Strukturreformen begleitet werden”, fordert auch BDI-Hauptgeschäftsführerin Gönner.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)