DHL streicht nach Gewinneinbruch 8000 Stellen in Deutschland

– von Matthias Inverardi

Bonn (Reuters) – Der Logistikriese DHL reagiert mit einem drastischen Stellenabbau in Deutschland auf einen Gewinneinbruch im vergangenen Jahr.

Im Geschäft mit Briefen musste der Bonner Post-Konzern 2024 erneut deutliche Abstriche machen, die Sendungsmengen sanken um acht Prozent, wie Konzernchef Tobias Meyer am Donnerstag in Bonn sagte. Er setzt nun den Rotstift an: Etwa 8000 oder oder rund vier Prozent der gut 190.000 Stellen in der Sparte Post&Paket Deutschland sollen wegfallen, kündigte er an. Meyer will dabei ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen, der Abbau soll über natürliche Fluktuation erfolgen: “Nicht jeder arbeitet bis zur Rente im Konzern.”

Insgesamt will Meyer über eine Milliarde Euro einsparen, zwischen 300 und 400 Millionen Euro sollen durch den Abbau eingesammelt werden. Eine Trennung vom kriselnden Briefgeschäft sei nicht geplant, betonte Meyer: “Ich möchte, dass Post&Paket Deutschland im Portfolio des Konzerns verbleibt.” Bei den Anlegern kam das Sparprogramm gut an: DHL-Aktien legten zeitweise um bis zu 12,9 Prozent und setzten sich an die Dax-Spitze.

Im vergangenen Jahr war der operative Gewinn (Ebit) um 7,2 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Euro eingebrochen – auch durch einen Rückgang bei Post&Paket Deutschland. DHL schnitt damit aber immer noch etwas besser ab als von Analysten erwartet, dank eines Schlussspurts im wichtigen Weihnachtsquartal. Die Dividende für 2024 will Meyer stabil bei 1,85 Euro je Aktie halten. Das 2022 gestartete Aktienrückkaufprogramm soll um zwei Milliarden Euro auf bis zu sechs Milliarden Euro aufgestockt werden. In diesem Jahr erwarten die Bonner nun einen operativen Gewinn (Ebit) von sechs Milliarden Euro oder mehr, das deutsche Geschäft mit Paketen und Briefen soll rund eine Milliarde Euro dazu beitragen.

Meyer zieht mit dem Abbau die Konsequenzen aus sinkenden Briefmengen – und aus seiner Sicht unzureichender Unterstützung der Politik für den Konzern, der für die Verbraucher beim Brief die Universal-Versorgung von der Nordsee bis an die Alpen sichert. Die Post könne das Briefporto nicht ausreichend erhöhen, die Bundesnetzagentur als zuständiger Regulierer gebe nicht ausreichend Spielraum, kritisierte Meyer erneut. Der operative Gewinn (Ebit) in dem Geschäft ging 2024 um 5,6 Prozent auf 821 Millionen Euro zurück.

Im Briefgeschäft hatte der Bonner Konzern eigentlich auf deutliche Preiserhöhungen gehofft, um die Modernisierung und den ökologischen Umbau der Zustellung besser finanzieren zu können. Den Preis für das Massenprodukt Standardbrief konnte DHL mit der Genehmigung des Regulierers Bundesnetzagentur zum 1. Januar von 85 auf 95 Cent erhöhen- aus Meyers Sicht reicht das nicht. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Pläne und sieht nun die Politik am Zug. Durch Meyers Pläne würden “die Auswirkungen einer verfehlten Regulierungspolitik und der geringen Portoerhöhung auf die Arbeitsbedingungen bei der Deutschen Post deutlich”.

KEIN BEITRAG ZUR DIVIDENDE – MEYER VERTEIDIGT SPARPROGRAMM

“Der Stellenabbau soll über natürliche Fluktuation erfolgen”, versicherte Meyer. Ein Treiber für den Abbau sei auch der in dieser Woche mit der Gewerkschaft Verdi vereinbarte Tarifabschluss für die Sparte, der eine Erhöhung der Löhne um fünf Prozent sowie mehr Urlaub vorsieht. Die Übereinkunft erhöhe den Kostendruck, sagte Meyer: “Dieser Tarifvertrag belastet uns bis Ende 2026 mit rund 360 Millionen Euro.” Dies geschehe in einem Marktumfeld, “in dem wir einen deutlich beschleunigten Rückgang der Briefmengen haben”. Die Sparte leide unter “regulatorisch herausfordernden Rahmenbedingungen” sowie “einer relativ schwachen Konjunktur”. Denn eigentlich will Meyer die sinkenden Briefmengen durch eine steigende Beförderung von Paketen ausgleichen. Doch dies gelang wegen der schwächelnden Konjunktur nicht mehr ausreichend. Weltweit beschäftigt der Konzern über 600.000 Menschen. Die Personalkosten lägen bei insgesamt rund neun Milliarden Euro, sagte Finanzchefin Melanie Kreis.

Meyer verteidigte die Sparpläne auch mit Blick auf die Aufstockung des laufenden Programms zum Rückkauf eigener Aktien um zwei Milliarden Euro. “Post&Paket Deutschland leistet keinen Beitrag zur Dividende und keinen Beitrag zu den Aktienrückkäufen”, sagte er. Diese Mittel würden ausschließlich von den anderen DHL-Sparten erwirtschaftet.

DHL steht mit seinen Problemen in der Branche nicht allein. Nach den Corona-Jahren mit dem Boom im Online-Handel und immer neuen Umsatz- und Gewinnrekorden setzt der lahmende Welthandel den Logistik-Konzernen zu. Auch die maue Konsumstimmung lastet auf den Konzernen. Nun müssen sie sich auch noch mit den Folgen der US-Zollpläne für den Welthandel auseinandersetzen. Der weltgrößte Paketlieferdienst UPS hatte im Januar einen Umsatzrückgang für 2025 in Aussicht gestellt. Der europäische Konkurrent PostNL wurde zuletzt durch sinkende Briefmengen und ein lahmendes Paketgeschäft belastet. Der Logistikriese Kühne+Nagel verbuchte 2024 einen Gewinneinbruch.

DHL rechnet damit, dass der Logistik- und Zollabfertigungsaufwand vor allem an den US-Grenzen kurz- und mittelfristig steigen wird. Doch neue Zölle und Handelshürden könnten auch gute Aspekte für die Logistiker haben, sagte Meyer. Denn durch sie steige der Aufwand an den Grenzen und damit die Wertschöpfung für die Transport-Unternehmen. Die Zoll- und Handelspolitik könnte auch positive Aspekte für DHL haben.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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