Frankfurt/Berlin (Reuters) – Das milliardenschwere Finanzpaket von Union und SPD für Infrastruktur und Verteidigung kann der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge das Wachstum anschieben.
Zusammen mit dem EU-Plan zur Wiederaufrüstung Europas werde dies “das europäische Wachstum insgesamt unterstützen und die europäische Wirtschaft ankurbeln”, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Darüber sei man sich im EZB-Rat einig gewesen.
Die genauen Folgen seien aber noch nicht abschätzbar. “Dies ist ein laufender Prozess”, sagte Lagarde. Noch seien Zeitplan und Finanzierung offen, weshalb der Einfluss auf Wachstum und Inflation noch nicht abschätzbar sei. “Wir müssen aufmerksam und wachsam sein”, sagte die EZB-Chefin. “Wir müssen verstehen, wie das funktionieren wird.”
Union und SPD hatten sich am Dienstagabend auf ein Sondervermögen für die Infrastruktur von 500 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre verständigt. Außerdem sollen alle Rüstungsausgaben über ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht mehr unter die geltenden Schuldenregeln fallen. Dafür soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse in den nächsten Tagen gelockert werden.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet dadurch mit einem Wachstumsschub für die deutsche Wirtschaft. “Kurzfristig könnten die erheblichen fiskalischen Anreize das Wachstum deutlich ankurbeln, indem sie die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen erhöhen”, sagte der Leiter des Deutschland-Teams des IWF, Kevin Fletcher, der Nachrichtenagentur Reuters. Mittel- und langfristig dürften die höheren öffentlichen Investitionen auch die Produktionskapazität der Wirtschaft steigern. Zu Jahresbeginn hatte der IWF seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum 2025 von 0,8 auf 0,3 Prozent gesenkt.
Fletcher zufolge kann Deutschland die geplanten riesigen Investitionen finanziell stemmen. “Deutschland hat im internationalen Vergleich eine relativ niedrige Staatsverschuldung und ein relativ niedriges Defizit, und auch die Kreditkosten sind niedrig”, sagte der IWF-Experte. “Deutschland verfügt also über einen beträchtlichen finanzpolitischen Spielraum, um die öffentlichen Investitionen und andere vorrangige Ausgaben für eine gewisse Zeit zu erhöhen.” Da mehr öffentliche Investitionen das Wirtschaftswachstum steigern dürften, könne dieser Effekt wiederum “auch die öffentlichen Finanzen durch höhere Steuereinnahmen stützen”.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kirsti Knolle – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)