Moskau (Reuters) – Die Ukraine hat kurz vor Beginn der Gespräche mit den USA über Wege zur Beendigung des Krieges gegen Russland ihren bislang größten Drohnenangriff auf Moskau gestartet.
Mindestens drei Menschen seien ums Leben gekommen, 18 weitere verletzt worden, teilten die russischen Behörden am Dienstag mit. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin erklärte, es sei der bislang schwerste Drohnenangriff auf die Hauptstadt und ihre Umgebung. Wohnblöcke seien beschädigt worden. Zudem kam der Flugverkehr an den vier Flughäfen Moskaus zeitweise zum Erliegen. Der Angriff ereignete sich im Morgengrauen – Stunden bevor sich Delegationen der Ukraine und der USA im saudiarabischen Dschidda zu Beratungen über eine Beendigung des Kriegs trafen.
Insgesamt seien 337 Drohnen über Russland abgefangen worden, davon 91 über der Oblast Moskau und 126 über der Oblast Kursk, teilte das Verteidigungsministerium mit. Alle Abwehrmaßnahmen und Aktionen seien im Voraus und rechtzeitig ausgeführt worden, sagte der Sprecher des Präsidialamtes, Dmitri Peskow. “Und dies ermöglicht den Schutz Moskaus und der Oblast Moskau sowie vieler anderer Regionen.” Peskow sagte, man habe dem zu Besuch in Moskau weilenden OSZE-Generalsekretär Feridun Sinirlioglu die Schäden gezeigt, die der Angriff angerichtet habe. “Es ist wichtig, dass ihm die Folgen des Angriffs gezeigt werden. Aber noch wichtiger ist, was das Kiewer Regime angreift – nämlich Wohngebäude.”
Die Regierung in Kiew äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff auf Moskau und die umliegende Region, wo rund 21 Millionen Menschen leben. Sie teilte jedoch mit, dass russische Streitkräfte die Ukraine über Nacht mit einer ballistischen Rakete und 126 Drohnen angegriffen hätten. Ein Treibstofflager sei in Brand geraten. Mindestens zwei Menschen seien in mehreren Teilen des Landes verletzt worden.
Die Ukraine wurde in dem seit mehr als drei Jahren dauernden Krieg massiv von russischen Streitkräften angegriffen. Immer wieder beschießen die russischen Truppen Infrastruktur, Energieanlagen und Wohnhäuser.
Obwohl US-Präsident Donald Trump auf einen Frieden dringt und Druck auf die Ukraine ausübt, eskaliert der Krieg auf dem Schlachtfeld durch ukrainische Drohnenangriffe weit im Landesinneren Russlands und eine große Gegenoffensive der russischen Truppen in der russischen Grenzregion Kursk. Dort hinein waren ukrainische Truppen im August überraschend vorgestoßen, um den Vormarsch der russischen Invasionsarmee an der Ostfront zu bremsen.
RUSSLAND: ZWÖLF ORTSCHAFTEN IN KURSK ZURÜCKEROBERT
In Kursk haben die russischen Truppen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau zwölf Siedlungen zurückerobert. “Einheiten der Streitkräftegruppe Nord haben während der Offensive zwölf Siedlungen und mehr als 100 Quadratkilometer des Territoriums der Oblast Kursk befreit”, teilte das Ministerium mit. Im August hatten ukrainische Truppen mindestens 1300 Quadratkilometer der Oblast Kursk eingenommen. Die Regierung in Kiew erklärte, dies sei ein Versuch gewesen, sich ein Druckmittel für künftige Verhandlungen zu sichern und Russland zu zwingen, seine Truppen aus der Ostukraine abzuziehen. In Kursk startete Russland in den vergangenen Tagen eine große Fallschirmjägeroffensive aus mehreren Richtungen, die die Versorgungslinien der Ukraine und mögliche Rückzugsrouten abzuschneiden droht.
BERATUNGEN ZWISCHEN UKRAINE UND USA
In Dschidda starteten Beratungen von Delegationen der Ukraine und der US-Regierung. “Das Treffen hat sehr konstruktiv begonnen. Wir arbeiten”, schrieb Andrij Jermak, der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Vorausgegangen war ein offener Streit zwischen Selenskyj und Trump im Weißen Haus. Bei den Beratungen geht es um die Frage, ob die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen an Russland bereit ist, um den Krieg zu beenden. Zudem wollen die USA ein Abkommen mit der Ukraine über die Ausbeutung heimischer Rohstoffe, vor allem Seltener Erden. “Ich glaube, wir werden diese Woche große Fortschritte machen”, hatte Trump am Sonntag mit Blick auf die Gespräche erklärt. Selenskyj pocht auf Sicherheitsgarantien der USA im Gegenzug für Zugeständnisse. Dazu war Trump bislang nicht bereit.
(Bericht von: Dmitry Antonov, Guy Faulconbridge, Anton Kolodyazhnyy; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)