(neu: Rubio, Selenskyj, Einzelheiten)
Moskau/Dscheddah (Reuters) – Der von der ukrainischen Regierung im Grundsatz unterstützte US-Vorstoß für eine 30-tägige Waffenruhe stößt in Russland auf Zurückhaltung.
Man werde die Vorschläge aus den Gesprächen der USA und der Ukraine sorgfältig prüfen, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, am Mittwoch in Moskau. US-Außenminister Marco Rubio und Sicherheitsberater Michael Waltz sollten der russischen Regierung aber weitere Details erklären. Auch ein Telefonat Putins mit US-Präsident Donald Trump könne schnell organisiert werden. Erst danach könne man sagen, wie sich Russland zu dem Vorschlag verhalten werde.
Rubio kündigte an, die USA wollten noch im Lauf des Mittwochs Kontakt zur russischen Regierung aufnehmen. Zugleich forderte er Russland mit Nachdruck zu einer Einstellung aller Kämpfe auf, der Konflikt könne militärisch nicht gelöst werden. Die Ukraine benötige ausreichende Sicherheitsgarantien. Er würde allerdings das geplante Rohstoffabkommen nicht als eine derartige Garantie sehen, das den USA Zugriff auf ukrainische Bodenschätze bieten soll. Zur Rolle Europas sagte Rubio, die EU-Sanktionen gegen Russland würden bei Verhandlungen auf den Tisch kommen. In diesem Zusammenhang müssten die Europäer an den Gesprächen beteiligt werden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßt den US-Vorstoß für eine Waffenruhe als Möglichkeit für eine Beendigung des Krieges. Sollte Russland einer solchen Waffenruhe zustimmen, könnte sie dazu genutzt werden, eine umfassendere Friedensvereinbarung auszuhandeln, sagte Selenskyj in Kiew. Die Beratungen darüber zwischen einer ukrainischen und einer US-Delegation in Saudi-Arabien seien konstruktiv gewesen. Selenskyj betonte, die Ukraine unterstütze die Bemühungen der USA, die seit drei Jahren andauernde russische Invasion so schnell wie möglich zu beenden. Zudem sei die Wiederaufnahme der Militärhilfe und der Weitergabe von Geheimdienstinformationen aus den USA sehr positiv.
“PUTIN HAT EINE STARKE POSITION”
In Europa stieß die Aussicht auf Bewegung in dem mittlerweile seit mehr als drei Jahren tobenden Krieg auf vorsichtige Zuversicht. Die EU sprach von einer “positiven Entwicklung”, Bundeskanzler Olaf Scholz von einem “wichtigen und richtigen Schritt”. Die Ukraine hatte sich nach Gesprächen mit US-Vertretern in Saudi-Arabien am Dienstag zu einer sofortigen 30-tägigen Feuerpause bereiterklärt. Nach dem mehr als achtstündigen Treffen hieß es am Abend in einer gemeinsamen Erklärung, die Waffenruhe könne im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien verlängert werden. Die USA erklärten zudem, die Ukraine ab sofort wieder mit Geheimdienstinformationen zu beliefern und andere Hilfen bereitzustellen. Die Regierung in Warschau erklärte, die Lieferung von US-Militärhilfe über Polen an die Ukraine sei wieder aufgenommen worden.
Aus russischen Regierungskreisen verlautete, Putin werde dem Waffenstillstand kaum zustimmen, ohne die Bedingungen dafür auszuhandeln und eine Art von Garantien zu erhalten. “Es ist für Putin schwierig, dem in seiner jetzigen Form zuzustimmen”, sagte ein Insider, der anonym bleiben wollte. “Putin hat eine starke Position, weil Russland auf dem Vormarsch ist.” Ohne Garantien neben einem Waffenstillstand könne Russlands Position schnell schwächer werden. Ein weiterer Insider kritisierte die Wiederaufnahme der US-Hilfen für die Ukraine. Dieser Schritt sei mit dem Vorschlag einer Waffenruhe lediglich garniert worden.
KREML: RUSSISCHE STREITKRÄFTE RÜCKEN IN KURSK WEITER VOR
EU-Ratspräsident Antonio Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßten auf dem Kurznachrichtendienst X den Vorstoß für eine Waffenruhe. “Dies ist eine positive Entwicklung, die ein Schritt in Richtung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens für die Ukraine sein kann.” Die EU sei bereit, ihren Beitrag zu Friedensverhandlungen zu leisten. Polens Ministerpräsident Donald Tusk sprach ebenfalls auf X von einem wichtigen Schritt in Richtung Frieden. Der britische Premierminister Keir Starmer sagte, dies sei ein “bemerkenswerter Durchbruch”, und gratulierte Trump.
Putin hatte allerdings bereits im Dezember gesagt: “Wir brauchen keinen Waffenstillstand, sondern einen langfristigen Frieden, der durch Garantien für die Russische Föderation und ihre Bürger abgesichert ist. Es ist eine schwierige Frage, wie diese Garantien sichergestellt werden können.”
Die jüngsten Entwicklungen an der Front dürften Putin aber eher nicht dazu bewegen, einer Waffenruhe zuzustimmen. Im Osten der Ukraine rücken die russischen Streitkräfte weiter vor. Und auch in den von der Ukraine eroberten Gebieten in der russischen Region Kursk meldet Russland weiter militärische Erfolge. Laut Angaben des Kreml vom Mittwoch rücken russische Truppen weiter vor und erobern Dörfer von den ukrainischen Streitkräften zurück. Für die Ukraine gelten die seit August vergangenen Jahres eroberten russischen Gebiete als Verhandlungsmasse im Fall einer Waffenruhe.
(Bericht von Reuters; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)