Russland und Ukraine werfen sich Bruch von Vereinbarungen vor

– von Anastasiia Malenko und Tom Balmforth

Kiew (Reuters) – Die Ukraine und Russland haben sich am Mittwoch gegenseitig beschuldigt, eine von den USA vermittelte Waffenruhe mit Blick auf die Energie-Infrastruktur beider Länder zu missachten.

Zugleich gab es Differenzen über eine Vereinbarung, auch im Schwarzen Meer von gegenseitigen Angriffen abzusehen, um die Schifffahrt dort zu sichern. Die USA hatten nach getrennten Gesprächen mit beiden Seiten am Dienstag mitgeteilt, es sei eine Verständigung auf eine teilweise Waffenruhe erzielt worden, die mit sofortiger Wirkung in Kraft trete.

In der Nacht zum Mittwoch teilte Russland mit, es habe neun Drohnen abgeschossen, darunter zwei über dem Schwarzen Meer. Weiter hieß es, die Ukraine habe versucht, eine Gasanlage auf der von Russland besetzten Krim sowie die Energie-Infrastruktur in den russischen Regionen Kursk und Brjansk anzugreifen. Schäden wurden nicht gemeldet. Aus Kiew gab es zunächst keine Reaktion, während das ukrainische Militär von 117 russischen Drohnenangriffen in der Nacht berichtete. Lokale Behörden erklärten, die Stadt Krywyj Rih sei von dem bisher größten Drohnenangriff getroffen worden.

Das russische Präsidialamt teilte weiter mit, es setze bereits seit dem 18. März eine Pause bei Angriffen auf Energieanlagen um. Ein hochrangiger Beamter des ukrainischen Präsidialamts erklärte dagegen, Russland habe seit diesem Datum bereits acht ukrainische Energieanlagen angegriffen. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die USA auf, Moskau weiter zu sanktionieren. Russland strebe nach den jüngsten Angriffen keinen “echten Frieden” an, sagte er.

Der Kreml erklärte hingegen, die Vereinbarung über das Schwarze Meer werde erst in Kraft treten, wenn eine russische Staatsbank wieder an das internationale Zahlungssystem angeschlossen werde. Die EU-Kommission in Brüssel erklärte dazu, eine der Hauptbedingungen für die Aufhebung oder Änderungen der Sanktionen sei der Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine. “Russland muss nun echten politischen Willen zeigen, seinen illegalen und ungerechtfertigten Angriffskrieg zu beenden”, sagte eine Kommissionssprecherin. “Die Erfahrung hat gezeigt, dass Russland an seinen Taten und nicht an seinen Worten gemessen werden muss.”

“WIEDER AUF KURS”

Unter der Führung von Donald Trump, der einen schnellen Frieden will, veröffentlichten die USA am Dienstag zwei getrennte gemeinsame Erklärungen mit Moskau und Kiew, in denen die Vereinbarungen dargelegt wurden. In keinem der beiden Dokumente wurde jedoch ein klarer Zeitplan für deren Umsetzung festgelegt. Auf dem Papier sind die Vereinbarungen allerdings ein erster konkreter Schritt in Richtung eines Waffenstillstands.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock äußerte sich skeptisch über die Einhaltung der Vereinbarungen seitens Russlands. Es sei zwar zu begrüßen, dass die USA eine Vermittlerrolle eingenommen hätten, sagte Baerbock in Berlin. Es sei aber sicher keine neue Situation, wenn ein Waffenstillstand immer wieder mit neuen Forderungen verknüpft werde. “Die fortgesetzten massiven Angriffe auf die Ukraine unterstreichen, “dass Putin weiter versucht, auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen”, sagte Baerbock: “Wir fordern Russland erneut auf, einem vollständigen Waffenstillstand ohne weitere Bedingungen zuzustimmen und seine brutalen Angriffe auf die Menschen in der Ukraine einzustellen.”

Nach den Worten von Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak sind die Beziehungen zwischen der Ukraine und den USA “wieder auf Kurs”. Die beiden Gesprächsrunden mit US-Vertretern über eine Waffenruhe hätten Trump gezeigt, dass die Ukraine an einem Frieden interessiert sei, sagte Jermak in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Dies stehe im Widerspruch zum russischen Verhandlungsansatz, der die Verknüpfung eines Friedensabkommens mit Bedingungen vorsehe. “Ich denke, wir führen großartige Gespräche mit den Amerikanern”, sagte er. “Ich denke, wir sind wieder auf Kurs”, ergänzte er mit Blick auf den Eklat bei dem Treffen von Trump und Selenskyj vor einem Monat im Weißen Haus.

(Weiterer Reporter: Jan Strupczewski in Brüssel, Alexander Ratz in Berlin; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

tagreuters.com2025binary_LYNXNPEL2P0QK-VIEWIMAGE