Frankfurt (Reuters) – Der Ausverkauf an den Börsen hat sich ohne Anzeichen auf eine Mäßigung der massiven US-Zollerhöhungen am Wochenanfang beschleunigt.
Der Dax notierte am Montagmorgen sechs Prozent schwächer bei 19.418 Punkten und büßte damit seinen gesamten Jahresgewinn ein. Zum Handelsstart hatte das Minus bei mehr als zehn Prozent gelegen. Der EuroStoxx50 brach knapp sechs Prozent auf 4600 Zähler ein. Damit steuerten die Börsenbarometer auf die größten Tagesverluste seit der Corona-Pandemie zu. Bereits am Freitag waren sie um rund fünf Prozent abgerutscht.
Die Anleger fürchten, dass der sich anbahnende Handelskrieg die Inflation nach oben treibt und eine globale Rezession auslöst. Die Volksrepublik China hatte am Freitag ihrerseits Sonderzölle auf US-Produkte angekündigt, nachdem US-Präsident Donald Trump Handelspartner weltweit mit teils massiven Zollerhöhungen belegt und große Empörung ausgelöst hatte. Auch die EU-Handelsminister beraten bei einem Treffen am Montag in Luxemburg über die richtige Antwort darauf. “Das 21. Jahrhundert hat nun auch seinen ‘Schwarzen Montag'”, konstatierte Jens Klatt, Analyst beim Broker XTB. Richard Flax, Chefanleger beim Vermögensverwalter Moneyfarm, hatte am Wochenende noch die Hoffnung, dass vielleicht Verhandlungen anfangen könnten. “Doch die bisherigen Signale deuten darauf hin, dass Präsident Trump mit der Reaktion der Märkte zufrieden ist und seinen Kurs fortsetzen wird.”
ÖL AUF TIEFSTEM STAND SEIT APRIL 2021
Das Abrutschen der Märkte hat der Republikaner nach eigenen Angaben nicht beabsichtigt. “Ich will nicht, dass irgendetwas nach unten geht, aber manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas in Ordnung zu bringen”, sagte Trump zu Journalisten an Bord der Air Force One. “Was mit den Märkten passieren wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber unser Land ist viel stärker.”
Klein beigeben könne der US-Präsident eventuell gar nicht, kommentierte Experte Klatt. Denn für die USA gehe es um einen Schuldenberg von mehr als 36 Billionen Dollar – darunter rund zehn Billionen, die bereits dieses Jahr refinanziert werden müssten.
Am Ölmarkt fielen die Preise auf den tiefsten Stand seit April 2021. Ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl verbilligte sich um knapp vier Prozent auf 59,59 Dollar, Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit 63,24 Dollar 3,6 Prozent weniger. Solange die Panik am Markt nicht nachlasse, werde der Ölpreis keinen Boden finden, sagt Vandana Hari vom Öl-Analysehaus Vanda Insights.
Gewinnmitnahmen drückten indes das in Krisenzeiten als sicherer Hafen angesehene Gold. Das gelbe Metall verbilligte sich um fast ein halbes Prozent auf 3024 Dollar je Feinunze, nachdem der Preis seit Jahresanfang um mehr als 15 Prozent gestiegen war. Die Anleger versuchten nun, durch Goldverkäufe ihre Verluste in anderen Vermögenswerten zu decken, erläuterte Analyst Kyle Rodda von der Handelsplattform Capital.com.
GEWINNMITNAHMEN DRÜCKEN RHEINMETALL & CO.
Unter Druck bei den Einzelwerten gerieten ebenfalls vor allem die Aktien, die in den vergangenen Monaten besonders stark zugelegt hatten. Steil nach unten ging es daher etwa für die Rüstungswerte: Rheinmetall, MTU Aero Engines, Hensoldt und Renk brachen um neun bis 10,5 Prozent ein. “Da ist am meisten Speck dran”, sagte ein Händler.
Unter Druck standen auch Bankenwerte. Der europäische Branchenindex sackte um mehr als sechs Prozent ab. Seit seinem letzten Höchststand hat er inzwischen rund 22 Prozent verloren – ein klares Signal für einen Bärenmarkt. Besonders steil nach unten ging es für die Commerzbank und die Deutsche Bank sowie die französischen Institute Crédit Agricole, Société Générale und BNP Paribas, die jeweils zwischen neun und zehn Prozent einbüßten.Auch britische Banken litten: Barclays rutschte um sieben Prozent ab, HSBC verlor rund 3,5 Prozent. Bankaktien in anderen Regionen standen ebenfalls massiv unter Druck: Der Index japanischer Banken brach zeitweise um bis zu 17 Prozent ein.
(Bericht von Zuzanna Szymanska, Mitarbeit von Christina Amann und Patricia Weiß. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)