Pharmaindustrie warnt EU vor Abwanderung wegen US-Zollplänen

Frankfurt/London (Reuters) – Europäische Pharmaunternehmen haben die Europäische Kommission vor den Folgen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gewarnt.

Diese könnten den Trend verstärken, dass sich die Branche von Europa abwendet und zunehmend Forschung, Entwicklung und Produktion in die USA verlagert, teilte der europäische Pharmaverband EFPIA am Dienstag anlässlich eines Treffens von Branchenvertretern mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit. Der Verband forderte von der Leyen dazu auf, “schnell und entschieden zu handeln”, um ein “Exodus-Risiko” in Richtung USA abzuwenden.

An dem Treffen nahmen neben EFPIA und dem Biotechnologieverband EuropaBio auch die Vorstandschefs einiger in der EU ansässiger Pharmakonzerne teil. Sie drängten auf ein innovationsfreundlicheres regulatorisches Umfeld und stärkeren Schutz geistigen Eigentums. Bereits am Montag hatte von der Leyen Vertreter der Schwerindustrie zu Gesprächen über die US-Zölle empfangen.

Trump hatte vergangene Woche hohe Zölle auf Einfuhren aus fast allen Ländern angekündigt. Arzneimittel sind zwar vorerst davon ausgenommen. Doch das könnte sich ändern: Ein US-Regierungsvertreter hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass Trump weitere Zölle auf Halbleiter, Pharmazeutika und möglicherweise wichtige Mineralien plant. Trump selbst hatte die Pharmabranche aufgefordert, in den USA “wieder durchzustarten” – andernfalls drohten hohe Steuern.

Die Pharmaindustrie warnt daher vor Folgen für die Patientenversorgung und den Wirtschaftsstandort. 2023 beliefen sich die Arznei- und Pharmaproduktexporte der EU in die Vereinigten Staaten nach Angaben von Eurostat auf rund 90 Milliarden Euro. Laut EFPIA ergab eine Umfrage unter Mitgliedsunternehmen in der vergangenen Woche, an der 18 internationale große und mittelständische Firmen teilnahmen, dass bis zu 85 Prozent der Investitionen und bis zu 50 Prozent der Ausgaben für Forschung und Entwicklung potenziell gefährdet seien.

Der EFPIA hatte bereits wiederholt gewarnt, dass Europa an Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte, wenn die geplante Reform des Arzneimittelrechts nicht nachgebessert wird. 2021 entfielen laut EFPIA-Statistik 49,1 Prozent der weltweiten Pharmaverkäufe auf Nordamerika, während Europa nur auf 23,4 Prozent kam. Die Europäische Kommission hatte am Montag als Reaktion auf die neuen US-Zölle Gegenzölle von 25 Prozent auf eine Reihe von US-Produkten wie Sojabohnen, Nüsse und Motorräder vorgeschlagen.

(Bericht von Ludwig Burger, Maggie Fick und Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXNPEL370OX-VIEWIMAGE