IWF kürzt Wachstumsprognosen – Handelskrieg wird für USA zum Bumerang

– von Andrea Shalal und Christian Krämer und Holger Hansen

Berlin/Washington (Reuters) – Der von Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg wird sich laut Internationalem Währungsfonds nicht für die USA auszahlen.

Der IWF korrigierte am Dienstag vielmehr seine Prognosen für die US-Wirtschaft drastisch nach unten. Auch Handelsnationen wie China und Deutschland werden die jüngste Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen zu spüren bekommen. Insgesamt wird die Weltwirtschaft deutlich unterdurchschnittlich wachsen. “Die globale Wirtschaft ist an einem kritischen Punkt”, hieß es im neuen Weltwirtschaftbericht, der zu Beginn der IWF-Frühjahrstagung in Washington veröffentlicht wurde. Die neuen US-Zölle gegen fast alle Handelspartner sorgten für bisher nicht gekannte Unsicherheit. Es brauche jetzt Klarheit und Zusammenarbeit.

Die US-Wirtschaft dürfte 2025 um 1,8 Prozent und 2026 um 1,7 Prozent zulegen. Das sind im Vergleich mit anderen Ländern immer noch ordentliche Wachstumsraten, aber 0,9 beziehungsweise 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im Januar angenommen, als Trump erneut ins Weiße Haus einzog. Neben negativen Auswirkungen der Zollpolitik rechnet der IWF auch mit einem schwächeren Konsum, bisher die Hauptstütze der US-Wirtschaft. Die Inflation dürfte dieses Jahr deutlich höher als erwartet ausfallen und damit auch klar das Ziel der US-Notenbank Fed verfehlen.

Die Weltwirtschaft wird laut IWF dieses und nächstes Jahr noch um 2,8 beziehungsweise 3,0 Prozent zulegen. Bisher wurden jeweils 3,3 Prozent vorausgesagt. Im Schnitt der Jahre 2000 bis 2019 waren es 3,7 Prozent. In den nächsten fünf Jahren dürften es angesichts oft fehlender Strukturreformen im Schnitt nur 3,2 Prozent werden.

IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas sprach angesichts der schnellen Eskalation im Handelskrieg von einer “neuen Ära”. Das weltweite Handelsvolumen von Waren und Dienstleistungen dürfte dieses Jahr nur noch um 1,7 Prozent steigen, nach 3,8 Prozent im Jahr 2024. Die Prognose wurde damit um satte 1,5 Punkte gekürzt. Auch für 2026 ist der IWF deutlich pessimistischer. “Die Risiken für die Weltwirtschaft haben zugenommen”, so Gourinchas. Weiterer Handelsstreit könnte die Lage noch verschlechtern. Es brauche wieder ein berechenbares Handelssystem. Dies müsse nun Priorität haben. Die US-Zölle liegen teilweise auf dem höchsten Niveau seit 100 Jahren. Einige der neuen Zölle wurden aber gleich wieder ausgesetzt.

DEUTSCHLAND TRITT AUF DER STELLE – MEXIKO RUTSCHT AB

Der Handelskrieg und die ohnehin schon schwächelnde Industrie trüben auch die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft. Der IWF korrigierte seine Prognosen für 2025 und 2026 um 0,3 beziehungsweise 0,2 Punkte nach unten. Damit gehen die Experten in diesem Jahr nun von Stagnation aus. 2026 dürfte die deutsche Wirtschaft dann zumindest um 0,9 Prozent zulegen. 2023 und 2024 war das Bruttoinlandsprodukt jeweils geschrumpft. Deutschland bleibt damit in diesem Jahr im Kreis der großen Industrienationen am Ende.

In Europa entwickelten sich Länder mit einem starken Dienstleistungssektor besser, so der IWF, der Spanien als Beispiel nannte. 2026 dürften sich in Deutschland aber positive Effekte aus der Lockerung der Schuldenbremse zeigen. Der IWF sprach von “bedeutenden Änderungen”. Die neue Koalition aus Union und SPD will einen 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur aufsetzen und deutlich mehr Geld in die Aufrüstung der Bundeswehr stecken.

Die noch geschäftsführend amtierende Bundesregierung wird am Donnerstag ihre neuen Konjunkturausblick vorlegen. Einem Insider zufolge wird auch hier 2025 von Stagnation ausgegangen, statt bisher einem Wachstum von 0,3 Prozent. 2026 dürften es dann 1,0 Prozent werden. Das wäre ein Tick weniger als zuletzt noch angenommen. Die deutschen Exporte dürften 2025 um 2,2 Prozent (2024: minus 1,1 Prozent) schrumpfen. Erst 2026 wird hier wieder mit einem Plus von 1,3 Prozent gerechnet.

Deutlich nach unten korrigierte der IWF auch seine Prognosen für China, das am stärksten von den US-Zöllen betroffene Land. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA dürfte 2025 und 2026 nur noch um je 4,0 Prozent wachsen. Das sind 0,6 beziehungsweise 0,5 Punkte weniger als im Januar erwartet. Eine Vollbremsung wird in Mexiko befürchtet. Hier rechnet der IWF 2025 mit einer um 0,3 Prozent schrumpfenden Wirtschaft, eine Korrektur um 1,7 Punkte nach unten.

Der Trend zu geringeren Inflationsraten scheint sich nicht mehr überall fortzusetzen. In einigen Ländern gehe es wieder in die falsche Richtung, so der IWF unter Verweis auf Großbritannien und die USA. In den Industrieländern insgesamt wird 2025 mit einer Teuerungsrate von 2,5 Prozent gerechnet, 2026 dann von 2,2 Prozent. Das sind 0,4 beziehungsweise 0,2 Punkte mehr als bisher erwartet. Der Handelskrieg könnte über steigende Importpreise für weiteren Druck sorgen.

(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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