Habeck senkt abermals Wirtschaftsprognosen – Neue Regierung muss Reformen wagen

Berlin (Reuters) – Ein Comeback der deutschen Wirtschaft im nächsten Jahr hängt dem scheidenden Vize-Kanzler Robert Habeck zufolge maßgeblich vom Handelskrieg mit den USA und Reformen der künftigen Bundesregierung ab.

“Entscheidend wird sein, dass wir selbst unsere Hausaufgaben machen”, sagte der grüne Wirtschaftsminister am Donnerstag in Berlin. Die neue Regierung aus Union und SPD werde den Fachkräftemangel angehen und den Investitionsstau auflösen müssen sowie für eine stärkere Digitalisierung sorgen. Habeck rechnet dieses Jahr mit einer Stagnation und nächstes Jahr mit einem Wachstum von 1,0 Prozent, wie aus der Frühjahrsprojektion der alten Regierung hervorgeht. Bisher war mit 0,3 und 1,1 Prozent kalkuliert worden.

Impulse erwartet das Wirtschaftsministerium vor allem durch öffentliche Gelder. So dürften die staatlichen Konsumausgaben 2025 und 2026 um 2,1 und 1,4 Prozent zulegen, die privaten Konsumausgaben dagegen trotz stabilisierender Inflation nur um 0,2 und 0,8 Prozent. Die Arbeitslosigkeit dürfte mit 6,3 und 6,2 Prozent deutlich über dem Wert von 2024 liegen (6,0 Prozent). Auf dem Bau wird 2026 die Wende erwartet. Nach Jahren rückläufiger Anlageinvestitionen in Bauten wird 2025 noch ein kleines Minus von 0,4 Prozent erwartet, 2026 dann wieder ein Plus von 2,4 Prozent. Sorgenkind bleibt der Export, der von der jüngsten Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen belastet wird. Nach einem Rückgang im Jahr 2024 um 1,1 Prozent wird dieses Jahr mit einem Minus von 2,2 Prozent gerechnet. 2026 dürfte es wieder ein Plus von 1,3 Prozent geben.

Habeck zufolge befindet sich die deutsche Wirtschaft nach zwei Rezessionsjahren in Folge in schwierigem Fahrwasser. Der Handelskonflikt mit den USA sorge für viel Unsicherheit. Die EU-Kommission müsse jetzt selbstbewusst mit der Trump-Regierung verhandeln.

Mit Hilfe der Grünen haben Union und SPD zuletzt im Bundestag und Bundesrat die Weichen gestellt, um einen 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur aufsetzen und auch deutlich mehr Geld in die Aufrüstung der Bundeswehr stecken zu können. “Aber Geld allein löst kein Problem”, sagte Habeck. Der Standort müsse mit Reformen wettbewerbsfähiger gemacht werden. Sonst könnte das viele Geld verpuffen.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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