Firmen-Bilanzen mildern Zoll-Sorgen an europäischen Börsen

Frankfurt (Reuters) – Trotz der weiterhin bestehenden Unsicherheit im Zollstreit kehren immer mehr Anleger an die Aktienmärkte in Europa zurück.

Vor allem in Deutschland zeigten sich Investoren wieder risikofreudiger und schoben den Dax um 0,8 Prozent auf bis zu 22.455 Punkte. Damit näherte sich der deutsche Leitindex am Dienstag erneut seinem Mitte März erzielten Rekordhoch von 23.476 Zählern. “An den Märkten kehren langsam erste Anzeichen von Zuversicht zurück”, konstatierte Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck. In anderen europäischen Ländern zeigten sich Anleger verhaltener. Der EuroStoxx50 notierte leicht fester bei 5174 Punkten.

“Vier Wochen nach Trumps ‘Befreiungstag’ mit der berühmten Zolltafel scheinen die heftigen negativen Marktreaktionen den US-Präsidenten zu einer etwas gemäßigteren Linie genötigt zu haben.” US-Präsident Donald Trump wird Insidern zufolge die Folgen der jüngsten Sonderzölle abschwächen, um der amerikanischen Autoindustrie nicht übermäßig zu schaden. Dabei gehe es um importierte Autoteile, die für die Produktion in den USA benötigt würden. Ziel sei, Doppelbelastungen für Unternehmen zu vermeiden.

“Mit jedem Zoll, den US-Präsident Trump zurücknehmen will, verliert der Handelskonflikt seinen Schrecken für die Anleger an der Börse”, konstatierte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. “Nun sind es die Autozölle, die für die US-Hersteller zu einem Problem werden könnten und deshalb noch vor ihrer Einführung am Wochenende wieder einkassiert werden sollen.”

PORSCHE MIT VOLLBREMSUNG

Bei den Einzelwerten schockte indes die Porsche AG die Anleger mit einem Gewinneinbruch zum Jahresauftakt wegen des schwachen China-Geschäfts. Auch für den Rest des Jahres ist keine Besserung in Sicht. Porsche rechnet im laufenden Jahr nur noch mit einer Rendite von 6,5 bis 8,5 Prozent, nachdem diese Kenngröße schon zum Jahresauftakt mit 8,6 Prozent so niedrig ausgefallen war wie noch nie in der Unternehmensgeschichte. Anleger nahmen scharenweise Reißaus und ließen die Aktie in der Spitze um 7,6 Prozent abstürzen. “Massenmarkt-Marge mit Luxusbewertung”, kommentierten UBS-Analysten das erste Quartal.

Dagegen profitiert Rheinmetall weiter von den wachsenden Verteidigungsausgaben infolge des Ukraine-Krieges. Die Titel des Rüstungskonzerns schossen nach einem Gewinn- und Umsatzsprung um mehr als sechs Prozent an die Dax-Spitze. Auch die Aktien der Deutschen Bank verteuerten sich um vier Prozent. Das größte deutsche Geldhaus ist mit einem Gewinnsprung ins Jahr gestartet.

Anleger griffen zudem bei HSBC zu und trieben die Titel um rund zwei Prozent nach oben. Das in London ansässige Kreditinstitut punktete vor allem mit einem Aktienrückkauf im Wert von drei Milliarden Dollar. Europas größtes Kreditinstitut nach Vermögenswerten warnte zugleich davor, dass die Kreditnachfrage und die Kreditqualität unter den allgemeinen Folgen des von Trump initiierten globalen Handelskriegs leiden könnten.

Rückenwind lieferten Wirtschaftsdaten. Trotz des Handelsstreits und der mauen Konjunktur hellt sich die Stimmung der deutschen Verbraucher überraschend auf. Das für Mai berechnete GfK-Konsumklima stieg anders als erwartet um 3,7 Punkte auf minus 20,6 Zähler. Die Konsumenten bewerteten ihre Einkommensaussichten und die Konjunkturperspektiven besser. Zudem nahm ihre Bereitschaft zu größeren Anschaffungen zu und sie legten nicht mehr so viel auf die hohe Kante.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL3S0AB-VIEWIMAGE