– von Alexander Hübner und Klaus Lauer
München/Mailand (Reuters) – Der zweitgrößte Aktionär von ProSiebenSat.1 fährt der italienischen Berlusconi-Holding MFE-MediaForEurope im Ringen um den bayerischen Fernsehkonzern in die Parade.
Die Beteiligungsgesellschaft PPF will bis zu 300 Millionen Euro in die Hand nehmen und damit ihren Anteil an ProSiebenSat.1 auf fast 30 Prozent verdoppeln. Die Erben des tschechischen Milliardärs Petr Kellner locken die Aktionäre von ProSiebenSat.1 mit einem deutlich höheren Angebot als MFE – und sie haben anders als die Italiener die Unterstützung des Vorstands um Bert Habets. “PPF ist ein langjähriger Investor von ProSiebenSat.1 und hat ein tiefes Verständnis für unser Geschäft”, sagte Habets am Montag in Unterföhring bei München. PPR-Investmentchef Didier Stoessel stellte sich im Gegenzug hinter Habets und dessen Strategie: “Wir unterstützen das Management dabei, die Transformation zu beschleunigen.”
PPF bietet den ProSiebenSat.1-Aktionären 7,00 Euro in bar für ihre Aktien, 17 Prozent mehr als der Schlussskurs vom Freitag und 21 Prozent mehr als der Gegenwert der MFE-Offerte. Eine Übernahme von ProSiebenSat.1 planen sie aber nicht. Das Angebot ist begrenzt: Die Tschechen wollen und dürfen damit nicht mehr als 29,99 Prozent bekommen – sonst müssten sie eine Offerte für das komplette Unternehmen unterbreiten. “Wir planen derzeit nicht, über 30 Prozent hinauszugehen”, sagte Stoessel der Nachrichtenagengtur Reuters. Mit dem höheren Anteil wolle PPF aber mehr Gehör finden.
Die Italiener hatten 4,48 Euro in bar und 0,4 Prozent ihrer A-Aktien geboten, was sich rechnerisch auf 5,80 Euro summiert. Die Papiere von ProSiebenSat.1 schnellten am Montag auf 7,00 Euro nach oben. ProSiebenSat.1 bezeichnete das Angebot von PPF als “die bessere Alternative” zu der Offerte aus Italien, falls Aktionäre kurzfristig aussteigen wollten. MFE hat sich gut 30 Prozent an ProSiebenSat.1 gesichert und kann seinen Einfluss damit ausbauen, ohne eine teurere Pflichtofferte vorzulegen. Auf eine Mehrheit dürften die Italiener damit aber zunächst nicht kommen – das war schon vor dem Gegenschlag von PPF klar. Anders als PPF haben sie aber freie Hand, weiter zuzukaufen.
“SCHNELL, SCHNELL VERKAUFEN” IST DER FALSCHE WEG
Strategisch unterscheidet sich die Sicht von PPR und MFE auf den Fernsehkonzern um Pro7, Sat.1 und Kabel 1 nur in Nuancen. Beide wollen, dass sich ProSiebenSat.1 von den Beteiligungen im Online-Geschäft trennt, die nichts mit dem Unterhaltungsgeschäft zu tun haben – von der Internet-Parfümerie Flaconi bis zu den Dating-Portalen der Meet Group (Parship, ElitePartner). Stoessel will Habets dafür aber länger Zeit geben als MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi, der auf schnelle Verkäufe drängt. “Einige der Nicht-Kerngeschäfte können verkauft werden, andere müssen zunächst restrukturiert werden”, sagte Stoessel. “Verkaufen, verkaufen, schnell verkaufen”, sei aber der falsche Weg. Das schwäche die Position des Managements beim Verhandeln mit Kaufinteressenten.
Wichtiger sei, das Unterhaltungsgeschäft schnell umzubauen. “Es geht darum, einen linearen Sender in ein digitales Medium umzuwandeln – viel schneller als in den letzten Jahren”, sagte der Investmentchef von PPF. Das Zeitfenster dafür sei nicht mehr lange offen. “Es geht nicht um Diversifizierung ins Digital-Geschäft, sondern darum, hochwertige Inhalte auf digitale Plattformen zu bringen.” Das habe das ehemalige ProSiebenSat.1-Management lange missverstanden. Stoessel verwies auf die Erfahrung im Mediengeschäft von PPF in Tschechien und anderen Ländern, wo man mit einer Streaming-Plattform Netflix erfolgreich Paroli biete. MFE setzt auf eine stärkere technische und inhaltliche Zusammenarbeit von ProSiebenSat.1 mit seinen Sendern in Italien und Spanien.
PPF hält bisher direkt knapp 13 Prozent an ProSiebenSat.1, mit Derivaten sind es fast 15 Prozent. Stoessel sagte, um auf 29,99 Prozent zu kommen, müsse man rund 300 Millionen Euro in die Hand nehmen. Mit fast einem Drittel der Anteile würde PPF drei Aufsichtsratsmandate beanspruchen und wolle in dem Gremium eine deutlich aktivere Rolle spielen. Dort sitzt bereits die PPF-Managerin Klara Brachtlova, und auch der frühere TV-Manager Christoph Mainusch wird den Tschechen zugerechnet. PPF sitzt nach eigenen Angaben auf Vermögenswerten und Beteiligungen im Wert von fast 42 Milliarden Euro.
(Bericht von Alexander Hübner und Klaus Lauer; Mitarbeit: Jan Lopatka und Elvira Pollina; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)