Bayer übertrifft geringe Erwartung – Aktie im Höhenflug

Frankfurt (Reuters) – Beim krisengeplagten Pharma- und Agrarkonzern Bayer ist die Lage trotz Unsicherheit durch die US-Zollpolitik nicht so schlecht wie befürchtet.

Im ersten Quartal sank das bereinigte operative Ergebnis um 7,4 Prozent auf 4,09 Milliarden Euro und damit weniger stark als von Analysten erwartet. Bayer-Chef Bill Anderson bestätigte am Dienstag den Jahresausblick und gab vorläufige Entwarnung zu möglichen Dämpfern durch höhere US-Importzölle. Doch die Unsicherheit darüber bleibe hoch, erklärte Anderson. Ohne die Ungewissheit, ob Pharmaprodukte weiter von höheren Einfuhrabgaben ausgenommen bleiben, hätte die Prognose für die Pharma-Sparte sogar erhöht werden können.

An der Börse deckten sich zahlreiche Anleger mit Bayer-Aktien ein, die sonst unter dem teuren Rechtsstreit über den Unkrautvernichter Glyphosat in den USA leiden. Mit einem Plus von elf Prozent war Bayer größter Gewinner im deutschen Leitindex Dax. Die Analysten der Deutschen Bank nannten es ermutigend, dass Bayer die Erwartungen übertraf und seine Prognose trotz der Zoll-Unsicherheit bestätigte. Ein deutlicher Ergebnisrückgang und anhaltend hohe Rechtsrisiken im Agrargeschäft mahnten aber zur Vorsicht.

Die Agrarsparte CropScience verdiente im ersten Quartal operativ zehn Prozent weniger als vor Jahresfrist, während das Pharmageschäft einen höheren Gewinn einfuhr, zum Beispiel durch das Krebsmedikament Nubeqa. Der Konzernumsatz lag mit 13,7 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Auf Basis der Wechselkurse vom letzten Jahr rechnet der Vorstand weiterhin für 2025 mit einem Rückgang des bereinigten operativen Gewinns auf 9,5 bis zehn (Vorjahr: 10,1) Milliarden Euro und damit das dritte Jahr mit Gewinnschwund in Folge. Der erwartete negative Währungseffekt belaufe sich jetzt auf rund drei und nicht mehr zwei Prozentpunkte.

Auch das Bayer-Management beobachtet die Auswirkungen der US-Zollpolitik genau. “Auf Basis der aktuellen Zollankündigungen gehen wir davon aus, dass wir die Effekte kompensieren können und bestätigen unseren Ausblick für das Gesamtjahr zu konstanten Wechselkursen”, erklärte Finanzvorstand Wolfgang Nickl. Die Unsicherheit über die Effekte sei aber groß. Mehr Produktion in den USA hält Vorstandschef Anderson derzeit nicht für notwendig.

“MIT WENIGER MEHR ERREICHEN”

Der Leverkusener Konzern steckt vor allem aufgrund milliardenschwerer Rechtskosten durch die Klagewelle gegen das 2018 übernommene US-Unternehmen Monsanto seit Jahren in der Krise. Stand jetzt liefen 181.000 Schadensersatzklagen wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids Glyphosat auf, das unter dem Namen Roundup im Handel ist. Bayer bestreitet die Vorwürfe und sieht sich dabei von der US-Umweltbehörde EPA unterstützt. Doch Jurys in lokalen US-Gerichten geben Klägern vielfach Recht. Für rund 67.000 Fälle stehen noch Einigungen aus, wofür aktuell rund sechs Milliarden Dollar beiseitegelegt wurden.

Anderson will dieses Rechtsrisiko bis Ende nächsten Jahres eindämmen und die hohe Verschuldung senken. Mit einem neuen Organisationsmodell und einem Sparprogramm sollen die Kosten sinken und das Pharmageschäft ausgebaut werden, um wieder auf Wachstumskurs zu kommen. Der Bayer-Chef, von dem Investoren mehr Tempo bei der Sanierung fordern, verwies auf Erfolge seines Kurses im Pharmageschäft. Die Sparte steigerte den Betriebsgewinn im ersten Quartal um 13,4 Prozent. “Das zeigt, dass es unser Organisationsmodell ermöglicht, mehr mit weniger zu erreichen.”

Am Montag gab Bayer bekannt, die Pflanzenschutzproduktion in Frankfurt mit rund 500 Beschäftigten bis Ende 2028 einzustellen. Das sorgte für einen Aufschrei von Betriebsrat und Gewerkschaft IG BCE über die erste Standortschließung in Deutschland in der Firmengeschichte. Wegen hoher Energiekosten sei die Fertigung nicht wettbewerbsfähig im Konkurrenzkampf mit Herstellern aus Asien, sagte Anderson. Weitere Schließungen seien nicht geplant.

Konzernweit fielen seit dem Antritt des Texaners als Bayer-Chef vor zwei Jahren rund 11.000 von gut 100.000 Arbeitsplätzen weg. Der Bayer-Betriebsrat zeigte Verständnis für die schwierige Lage des Konzerns, warnte aber vor zu großer Unruhe in der Belegschaft durch den dauerhaften Ausnahmezustand. Die Beschäftigten hätten gar nicht genug Zeit, in neuen Strukturen anzukommen und sich auf das Gelingen des nötigen Umbaus zu konzentrieren, erklärte Betriebsratschefin Heike Hausfeld.

(Bericht von Patricia Weiß und Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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