Düsseldorf (Reuters) – Der Spezialchemiekonzern Evonik verknüpft seinen tiefgreifenden Umbau mit neuen Finanzzielen.
Der Essener Konzern will bis 2027 den bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) gegenüber dem Jahr 2023 um eine Milliarde Euro steigern. “Wir arbeiten konsequent an beiden Seiten der Medaille – an unseren Wachstumschancen wie an unseren Kosten”, sagte Evonik-Chef Christian Kullmann am Donnerstag bei einem Kapitalmarkttag. Das Wachstum solle je zur Hälfte durch steigende Umsätze und Einsparungen erzielt werden. Rund 400 Millionen Euro sollen dabei mit einem bereits laufenden Sparprogramm erreicht werden. Bis 2027 will Evonik zudem eine Kapitalrendite von elf Prozent ausweisen. Bis zu diesem Jahr solle es keine größeren Zukäufe geben, der Konzern wolle die Verschuldung drücken und so die Bilanz stärken. Aktienrückkäufe würden dadurch eine Option, sagte Finanzchefin Maike Schuh.
Kullmann hatte im vergangenen Dezember den größten Umbau in der Geschichte des Essener Chemieriesen angekündigt – im April wurde er umgesetzt. In der neuen Struktur steht Evonik auf zwei Säulen. Die beiden neuen Segmente Custom Solutions und Advanced Technologies kommen auf einen Jahresumsatz von jeweils rund sechs Milliarden Euro. Kullmann tritt zudem auf die Kostenbremse, rund 2000 Stellen sollen wie angekündigt wegfallen. Geschäfte mit rund 3600 Beschäftigten an den Standorten Marl und Wesseling sollen zudem abgetrennt werden. Diese könnten etwa in Gemeinschaftsunternehmen eingebracht oder verkauft werden. Für die Polyester-Aktivitäten in Witten und Shanghai mit rund 350 Beschäftigten wurde nun der Verkaufsprozess gestartet.
Kullmann will Evonik auf zukunftsträchtige und margenstarke Geschäfte ausrichten, in denen der Konzern weltweit technologisch führend ist. Die beiden neuen Bereiche haben im Vorstand die Amerikanerin Lauren Kjeldsen und die Französin Claudine Mollenkopf übernommen. Durch den Umbau wurde zudem eine komplette Führungsebene im operativen Geschäft gestrichen. Rund 500 Stellen im Management fallen weg, weitere 1000 Führungskräfte sollen bis Ende 2027 neue Aufgaben erhalten.
“NUR SPAREN IST KEIN GESCHÄFTSMODELL”
Das Segment Custom Solutions stellt etwa Produkte für die Kosmetik- und Pharmaindustrie her. Der Bereich soll auch in Nischenmärkten aktiv sein und dort maßgeschneiderte Lösungen für Kunden entwickeln. Im Segment Advanced Technologies werden unter anderem Hochleistungskunststoffe und Wasserstoffperoxid sowie Ergänzungsmittel für die Tiernahrung produziert – letztere sind ein Verkaufsschlager von Evonik. Mollenkopf setzt auch hier auf Wachstum. Und auch vor der Konkurrenz aus China ist ihr nicht bange. “Ich habe keine Angst vor chinesischen Wettbewerbern”, sagte sie: “Wir haben die beste Technologie.”
Und auch die US-Zollpolitik könnte Evonik in die Hände spielen: “Sie produzieren in China und haben damit keinen Zugang mehr zum US-Markt. Wir produzieren dagegen auch in den USA”, betonte Mollenkopf. Die neue Vorständin Kjeldsen setzt ebenfalls auf Wachstum: “Nur sparen ist kein Geschäftsmodell”, betonte sie. Es werde über die bereits angekündigten Einsparungen hinaus keine neuen Sparprogramme geben, ergänzte Mollenkopf. Rund 400 Millionen Euro zum Sparziel trage das bereits laufende Programm “Evonik Tailor Made” bei, sagte Kjeldsen.
Mit einer Milliarde Euro mehr bereinigtem Ebitda käme Evonik rein rechnerisch 2027 auf einen operativen Gewinn von rund 2,7 Milliarden Euro. Für 2025 haben die Essener ein bereinigtes Ebitda zwischen 2,0 und 2,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)