UniCredit steigt zum größten Commerzbank-Aktionär auf

München/Mailand (Reuters) – Die italienische Großbank UniCredit schwingt sich zum größten Commerzbank-Aktionär auf und erhöht damit im Ringen um das zweitgrößte börsennotierte Geldhaus Deutschlands den Druck.

Nach Erhalt aller Genehmigungen habe man die zuvor erworbenen Derivate in Commerzbank-Aktien getauscht und halte nun rund 20 Prozent der Anteile und der Stimmrechte – doppelt so viel wie bisher, teilte UniCredit am Dienstagabend in Mailand mit. Die Mutter der Münchner HypoVereinsbank hat über Derivate Zugriff auf weitere neun Prozent an der Commerzbank. Auch diese wolle man “zu gegebener Zeit” in Aktien wandeln, hieß es.

Bisher war der Bund mit zwölf Prozent größter Aktionär der Commerzbank. Auch die neue Bundesregierung hatte sich hinter das Management der Frankfurter Bank gestellt, das die Unabhängigkeit bewahren will und einen Verkauf an UniCredit ablehnt. UniCredit-Chef Andrea Orcel hatte kürzlich versucht, die Bundesregierung mit Briefen zu Gesprächen zu bewegen, war dabei aber sowohl bei Bundeskanzler Friedrich Merz als auch bei Finanzminister Lars Klingbeil auf taube Ohren gestoßen. Die Genehmigungen – unter anderem von der Europäischen Zentralbank, der US-Notenbank und dem Bundeskartellamt – zeigten, dass der Ansatz und das Vorgehen von UniCredit angemessen seien, betonten die Italiener in der Mitteilung.

“FEINDLICHE ÜBERNAHMEAKTIVITÄTEN”

“Dieser Schritt ist erneut nicht mit der Commerzbank abgestimmt”, kritisierte dagegen das Frankfurter Geldhaus das Vorgehen in einer Stellungnahme. “Die Anpassung der Position der UniCredit hat keine Auswirkungen auf unsere strategische Ausrichtung oder unsere Ambitionen.” Das Geschäftsmodell, das auf der Eigenständigkeit der Commerzbank basiere, funktioniere. Auch die Gewerkschaft Verdi blieb bei ihrem Nein zu einem Verkauf der Commerzbank: “Das wiederholte, unabgestimmte Vorgehen von Andrea Orcel bestätigt unsere Befürchtungen – hier handelt es sich um feindliche Übernahmeaktivitäten, nicht um vertrauensbildende Maßnahmen.” Das Bundesfinanzministerium wollte sich zunächst nicht äußern.

In einem Überraschungscoup hatte UniCredit im Herbst 2024 zugegriffen, als der Bund ein 4,5-Prozent-Paket an der Commerzbank zum Verkauf gestellt hatte. Ein ähnlich großes Paket hatten die Italiener schon vorher zusammengekauft. Vorstandschef Orcel will die Commerzbank mit der Münchner UniCredit-Tochter HVB zusammenbringen. “Wir sind weiterhin der Ansicht, dass eine Annäherung zwischen der Commerzbank und der HVB viele Vorteile mit sich bringen würde – wirtschaftlich, sozial und politisch”, schrieb Orcel an Merz und Klingbeil. Das Filialnetz solle erhalten bleiben. Lokale Entscheidungs-Kompetenz, etwa bei der Kreditvergabe, solle gesichert sein. Auch die Entscheidung, wo die Deutschland-Zentrale der Gruppe sein könnte, wolle man der deutschen Politik überlassen.

Doch auch damit blitzte Orcel ab: Ein unabgestimmtes und unfreundliches Vorgehen wie das von Unicredit sei nicht akzeptabel, hatte Merz erklärt. Die Bundesregierung setze auf eigenständige Banken, hatten Kanzleramt und Finanzministerium mehrfach bekräftigt. Auch in der Commerzbank stößt das Vorgehen Orcels auf Ablehnung. Der Italiener, der viele Jahre als Investmentbanker gearbeitet hatte, hat nach eigenen Angaben bei der Commerzbank nichts zu verlieren. Seit dem Einstieg von UniCredit ist die Aktie kräftig gestiegen. Man könne das Aktienpaket auch als Finanzbeteiligung behalten oder verkaufen, hatte Orcel gesagt.

(Bericht von Alexander Hübner, Valentina Za und Tom Sims. Mitarbeit: Christian Krämer. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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