Insider: Autozollpaket zwischen EU und USA mit mehreren Elementen im Gespräch

Frankfurt/Brüssel/Washington (Reuters) – Die Europäische Union verhandelt mit den USA in Sachen Auto-Importzölle Insidern zufolge über mehrere Stellschrauben.

Die seit April geltende Einfuhrabgabe auf Autos von 27,5 Prozent will die EU mit Einfuhrkontingenten, Gutschriften für Autoexporte europäischer Hersteller aus den USA und für Investitionen in den Vereinigten Staaten entschärfen sowie Zölle auf beiden Seiten senken. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Branchenkreisen und von Diplomaten in der EU und den USA. Es ist aber noch offen, ob die US-Regierung auf die Vorschläge ihres größten Handelspartners eingehen wird.

Die Gespräche sind Teil der Bemühungen der Europäischen Kommission, in den kommenden Tagen einen Entwurf für ein Handelsabkommen mit den USA zu erreichen, um die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zollerhöhungen ab dem 1. August abzuwenden. Zum einen geht es in den Verhandlungen um die allgemein geltenden “reziproken” Zölle, die Trump von derzeit zehn auf 20 Prozent anheben könnte, zum anderen um Sektorzölle, die teils schon gelten. Seit April verlangen die USA zusätzlich 25 Prozent Zoll zu den bis dahin geltenden 2,5 Prozent für Autoimporte aus der EU, seit Mai gilt der Satz für Autoteile. Ein EU-Diplomat erklärte kürzlich, Autos seien “eine rote Linie”, Zugeständnisse der USA dazu seien eine Bedingung für jedes Abkommen.

KREDIT FÜR EXPORTE UND INVESTITIONEN

Diplomaten auf beiden Seiten sagten, die Verhandlungen gingen jetzt “schnell” voran. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag der EU, die Exporte der europäischen Autobauer – in erster Linie betroffen sind die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz mit ihren großen Werken in den USA – über Gutschriften von ihren Importen in die USA abzuziehen. Dabei geht es den Insidern zufolge nicht um Stückzahlen, sondern den jeweiligen Wert. Was darüber hinausgeht an Exporten würde dem Zoll unterliegen. Mercedes-Chef Ola Källenius sagte Anfang Juni der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, der Autobauer habe als “Denkpartner” der EU die Aufrechnung der Warenströme ins Spiel gebracht. Nach Angaben des europäischen Automobilverbands ACEA lieferte Europa 2024 fast 758.000 Autos im Wert von 38,9 Milliarden Euro in die USA, mehr als viermal so viele wie in umgekehrter Richtung. Von den deutschen Autobauern kam mit rund 448.000 mehr als die Hälfte des Volumens.

Auch Volkswagen produziert in den USA, exportiert von dort aber nicht in großem Umfang. Zwei Insider sagten, die USA hätten eine gewisse Erleichterung angeboten, wenn sich ein Unternehmen zu mehr lokalen Investitionen verpflichte. VW-Chef Oliver Blume hatte Ende Mai gegenüber der “Süddeutschen Zeitung” erklärt, selbst mit der US-Regierung über Investitionspläne gesprochen zu haben. Die VW-Tochter Audi prüft, in den USA ihr erstes Werk zu errichten und will das nach einer Zolleinigung bekanntgeben.

Als weitere Option wird zwei Insidern zufolge auch eine Erleichterung nach dem Vorbild der Vereinbarung Großbritanniens mit den USA diskutiert. In diesem Abkommen senkten die USA die Zölle auf in Großbritannien hergestellte Autos auf zehn Prozent, begrenzt auf ein Importkontingent von 100.000 Autos pro Jahr, was aber fast der Gesamtzahl der britischen Exporte zuletzt entspricht. Doch ein von der EU vorgeschlagenes ähnliches Zollkontingent lehne die Trump-Administration ab, sagten zwei Personen mit Kenntnis des Vorgangs aus den USA.

Drei Insider sagten, eine Senkung der jeweiligen Autoimportzölle sei ein weiteres Element eines möglichen Deals. Auch nichttarifäre Handelsbarrieren wie Sicherheitsstandards, die gegenseitig anerkannt werden müssen, sind Thema der Verhandlungen.

(Bericht von Julia Payne, David Lawder, Christoph Steitz, Christina Amann, Ilona Wissenbach, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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