London/Berlin (Reuters) – Deutschland und Großbritannien haben 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen Freundschaftsvertrag geschlossen.
Kanzler Friedrich Merz und der britische Premierminister Keir Starmer unterzeichneten am Donnerstag den in weiten Teilen noch von der früheren Bundesregierung ausgehandelten Vertrag bei einem Treffen in London.
Enthalten sind im Vertrag und in einem ebenfalls vorgelegten Aktionsplan neben der Absicht einer engen Sicherheits- und Rüstungskooperation auch eine Beistandsverpflichtung im Krisenfall sowie Visa-Erleichterungen beim Schüleraustausch. Sehr wichtig aus britischer Sicht ist die Vereinbarung, dass Deutschland dem Königreich im Kampf gegen illegale Einwanderung hilft.
“Das ist ein historischer Tag für die deutsch-britischen Beziehungen”, sagte Merz nach der Unterzeichnung. “Wir wollen enger zusammenarbeiten, insbesondere nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.” Es sei überfällig, dass beide Länder einen solchen Vertrag miteinander schlössen. “Wir wollen im Bereich der Verteidigung enger zusammenarbeiten, im Bereich der Außenpolitik, aber auch im Bereich der Wirtschaftspolitik, der Innenpolitik.”
Merz hat in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dass man Großbritannien enger an die EU binden müsse. Das Königreich war 2020 aus der EU ausgetreten. Hintergrund ist zum einen die Warnung vor einer wachsenden russischen Bedrohung und Zweifel, ob man sich auf die USA als Partner unter Präsident Donald Trump noch verlassen kann.
Starmer hatte das Abkommen bereits zuvor gewürdigt. “Der Vertrag (…) ist der erste seiner Art und wird Großbritannien und Deutschland näher zusammenbringen als je zuvor.” Der Premierminister hatte in der vergangenen Woche auch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfangen. Dabei vereinbarten auch Großbritannien und Frankreich eine engere Zusammenarbeit. Die drei großen westeuropäischen Länder haben auch im Rahmen der sogenannten E3 in den vergangenen Monaten immer enger kooperiert. Merz war mit Starmer und Macron bereits in der ersten Woche nach seiner Kanzlerwahl nach Kiew gereist.
“Der Vertrag ist einerseits ein Zeichen der Normalisierung der deutsch-britischen Beziehungen nach dem Brexit”, sagte der Europa-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Nicolai von Ondarza, der Nachrichtenagentur Reuters. “Der Vertrag ist andererseits ein Zeichen, dass Großbritannien wegen der transatlantischen Unsicherheit noch wichtiger als Sicherheitspartner geworden ist.”
(Bericht von Andreas Rinke und Sarah Marsh, redigiert von Thomas Seythal)