Lage im Süden Syriens unklar – Berichte über Beduinen-Offensive und Luftangriffe

Damaskus (Reuters) – Im Süden Syriens ist die Lage einen Tag nach einer Waffenruhe zur Beendigung der Kämpfe in der Drusen-Stadt Sweida unübersichtlich.

Zwar sagte die Sprecherin der US-Regierung, Karoline Leavitt, am Donnerstag in Washington, die Deeskalation scheine voranzuschreiten. Allerdings hat kurz zuvor ein Kommandeur der Beduinen in der Region gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters eine Offensive gegen drusische Kämpfer angekündigt. Zudem meldete die syrische Nachrichtenagentur Sana Luftangriffe in der Umgebung von Sweida.

Nach tagelangen Kämpfen hatten sich die syrischen Regierungstruppen in der Nacht zum Donnerstag aus der Drusen-Stadt Sweida nach US-Vermittlung zurückgezogen. Die Regierung in Damaskus hatte die Truppen am Montag in die Region abkommandiert, um Kämpfe zwischen Drusen und Beduinen zu beenden. Diese gerieten dann jedoch selbst in Gefechte mit den Drusen-Milizen. Israel, das sich als Schutzmacht der Drusen versteht, hatte sich in die Kämpfe eingeschaltet und unter anderem Ziele in Damaskus bombardiert.

Der Kommandeur der Beduinen sagte Reuters am Donnerstagabend, die Beduinen fühlten sich an die Feuerpause nicht gebunden, denn diese gelte nur für die syrische Armee. Ziel der Offensive sei die Befreiung von Beduinen, die von drusischen Kämpfern in den vergangenen Tagen gefangen genommen worden seien. Die sunnitischen Beduinen, vorwiegend Viehzüchter und Hirten, stehen seit Jahrzehnten in Konflikt mit den Drusen.

Der syrische Machthaber Ahmed al-Scharaa warf Israel vor, das Land spalten zu wollen. Er versprach, die drusische Bevölkerungsminderheit zu schützen. Scharaa führte den Truppenrückzug auf die Vermittlung der USA, arabischer Staaten und der Türkei zurück, die “die Region vor einem ungewissen Schicksal bewahrt” habe. In dem überwiegend von Drusen bewohnten Sweida waren in den vergangenen Tagen bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und drusischen Kämpfern zahlreiche Menschen getötet worden.

NETANJAHU POCHT AUF DEMILITARISIERTE ZONE

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte, die Minderheit der Drusen stehe unter dem Schutz seines Landes. Er pochte zudem auf eine demilitarisierte Zone südlich von Damaskus und entlang der Grenze zwischen Syrien und Israel. Netanjahu warf den syrischen Truppen ein Massaker an Drusen vor. “Dies war etwas, das wir in keiner Weise akzeptieren konnten.” Mit Blick auf die Beendigung der Kämpfe mit der syrischen Armee sagte er: “Es ist eine Waffenruhe, die durch Stärke erreicht wurde.” Drusen leben auch auf israelischem Gebiet. Viele dienen dort freiwillig im Militär.

Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte meldete, es habe in vier Tagen Kämpfen 193 Todesopfer dokumentiert, darunter medizinisches Personal, Frauen und Kinder. Die Gewalt unterstreicht die Herausforderungen für Interimspräsident Scharaa, Syrien zu stabilisieren. Scharaa war einst Kommandeur eines Al-Kaida-Ablegers, wandte sich aber 2016 von der Islamisten-Organisation ab. Aktuell sieht er sich tiefem Misstrauen in Teilen der syrischen Bevölkerung ausgesetzt, die eine islamistische Herrschaft fürchten. Die Drusen sind eine arabische Religionsgemeinschaft, die aus dem Islam hervorgegangen ist, sich aber nicht als muslimisch betrachtet.

(Bericht von Timour Azhari, Suleiman al-Khalidi und Kinda Makieh in Damaskus, Maya Gebeily in Beirut, Muhammad Al Gebaly in Kairo; Geschrieben von Hans Busemann; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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