EZB: Nachfrage nach Firmenkrediten steigt in Zeiten niedrigerer Zinsen

Berlin (Reuters) – Im Zuge sinkender Zinsen hat die Nachfrage nach Firmenkrediten im Euroraum und auch in Deutschland angezogen. Sie habe im zweiten Quartal in der Euro-Zone leicht zugelegt, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag zu ihrer Umfrage unter 155 Finanzinstituten mit.

Darunter sind auch 33 Banken in Deutschland. Bei den hiesigen Geldhäusern nahm die Kreditnachfrage laut Bundesbank stärker zu als in den Quartalen zuvor. Die Banken begründeten dies mit einem gestiegenen Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen sowie für Lagerhaltung und Betriebsmittel.

Für beide Verwendungszwecke meldeten die Banken zum ersten Mal seit einem Jahr wieder einen moderaten Zuwachs des Mittelbedarfs. Daneben trug laut Bundesbank auch das allgemeine Zinsniveau zum Nachfrageanstieg bei. “Von der Nachfrageseite kommen gute Signale für die Konjunktur”, so Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, zum Lagebild in Deutschland. Der Experte verweist darauf, dass bei Hypothekenkrediten der Anteil der Banken, die von einer höheren Nachfrage sprechen, erneut ungewöhnlich hoch sei. Und bei den Konsumentenkrediten berichteten mehr Finanzinstitute als im Vorquartal von mehr Anfragen.

Für das laufende dritte Quartal gehen die Banken hierzulande laut der deutschen Zentralbank von einer weiter zunehmenden Nachfrage in allen drei Kreditsegmenten aus, also: Unternehmenskredite, Wohnungsbaukredite an private Haushalte sowie Konsumenten- und sonstige Darlehen an Privathaushalte. “Im Firmenkundengeschäft rechnen sie mit positiven Impulsen aus der heimischen Wirtschaftspolitik, aber gleichzeitig mit einem dämpfenden Einfluss der weltpolitischen Lage”, teilte die Bundesbank weiter zu den Erwartungen der Banken mit.

WEITER STEIGENDE NACHFRAGE ERWARTET

Für das Sommer-Quartal wird auch im Euroraum mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Unternehmensdarlehen gerechnet. Die Banken in der Euro-Zone erwarten für das Sommer-Quartal zugleich unveränderte Vergabestandards für Firmenkredite. Im Frühjahr haben die Geldhäuser im gemeinsamen Währungsraum ihre internen Leitlinien zur Vergabe von Darlehen bereits weitgehend unverändert belassen.

Die im Rahmen des sogenannten Bank Lending Survey (BLS) befragten deutschen Banken haben im zweiten Quartal ihre Vergaberichtlinien für Kredite an Unternehmen hingegen gestrafft. Sie begründeten dies damit, dass das Kreditrisiko gestiegen und ihre Risikotoleranz gesunken sei. Für das dritte Quartal planen die Banken hierzulande eine Lockerung der Richtlinien für Firmenkredite. Im Geschäft mit privaten Haushalten rechnen sie hingegen mit erneutem Straffungsbedarf, falls sich die Bonität der Kreditnehmer weiter verschlechtert.

Die Ergebnisse des BLS sind für die EZB eine Orientierungshilfe bei der Geldpolitik. Die Umfrage unter den Instituten wurde vom 13. Juni bis zum 1. Juli erhoben. Nach ihrer Zinssenkungsserie dürften die Frankfurter Währungshüter erstmals in diesem Jahr eine Pause einlegen. Die Finanzmärkte stellen sich für die Entscheidung des EZB-Rats am Donnerstag darauf ein, dass die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde die Füße stillhalten – auch vor dem Hintergrund der Unsicherheit mit Blick auf den Zollkonflikt mit den USA. Demnach dürfte der Einlagesatz, über den sie die Geldpolitik steuern, unverändert bei 2,0 Prozent bleiben. Die EZB hat ihn seit Juni 2024 bereits um zwei volle Prozentpunkte nach unten gesetzt. Viele Investoren spekulieren, dass noch ein weiterer Zinsschritt nach unten im laufenden Jahr folgen könnte, womöglich im September.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Klaus Lauer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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