Berlin (Reuters) – Die Deutsche Bahn sieht sich nach einer deutlichen Ergebnisverbesserung im ersten Halbjahr auf Kurs zu operativ schwarzen Zahlen in diesem Jahr.
Dafür ist allerdings ein noch besseres zweites Halbjahr nötig. Denn in den ersten sechs Monaten fiel vor Steuern und Zinsen ein Betriebsergebnis von minus 239 Millionen Euro an, wie der Staatskonzern am Donnerstag in Berlin mitteilte. Das sei eine Verbesserung um fast eine Milliarde Euro. Die Bahn verwies auf den Personalabbau in der Verwaltung, hier fielen rund 2300 Vollzeitstellen weg. Außerdem habe der Bund Vorleistungen der Bahn für die Instandhaltung der Infrastruktur übernommen. Das Verkehrsministerium rechnet mit einem Jahrzehnt der Sanierungen, die zunächst zu Einschränkungen führen werden.
“Wir kommen Schritt für Schritt voran”, sagte Konzernchef Richard Lutz zu Journalisten. “Es wird aber ein Kampf bleiben.” Der Umsatz soll im Gesamtjahr auf mindestens 27 Milliarden Euro steigen. Im Halbjahr gab es ein Plus von 3,4 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro. Unter Druck ist die Bahn im Güterverkehr, weil die DB Cargo auf Druck der EU-Kommission bis 2026 profitabel werden muss. Ansonsten soll die Tochter zerschlagen werden. Der Fernverkehr ist nah an der Gewinnschwelle, die DB Regio im Nahverkehr bereits in den schwarzen Zahlen.
Die Grünen kritisierten, dass trotz des neuen Sondertopfes zur Sanierung der Infrastruktur kaum Geld für den Aus- und Neubau zur Verfügung steht. Matthias Gastel, Bahn-Experte der Grünen in der Bundestagsfraktion, sagte, das Sanierungsprogramm des Managements zeige kaum Erfolge. Nur 100 Millionen Euro seien im Konzern eingespart worden, die restlichen 900 Millionen aus der Ergebnisverbesserung gehe auf die Infrastrukturfinanzierungen durch den Bund zurück. “Die Deutsche Bahn muss vom Bund besser gesteuert und gelenkt werden.” Trotz des neuen Sondervermögens für die Infrastruktur fehlten bis 2029 mindestens 17 Milliarden Euro. “Der notwendige Aus- und Neubau des Netzes wird nicht vorankommen.”
Auch Lutz hatte zuletzt auf die fehlenden Mittel hingewiesen, etwa um auch die nötige Digitalisierung hinzubekommen. Ulrich Lange, Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, sagte in der ARD, der Bahn-Chef bekomme bereits viel Geld und sollte nicht noch mehr fordern. Der Bund wolle als Eigentümer die Infrastruktursanierung besser steuern. Dafür werde die Deutsche Bahn neu aufgestellt. Details nannte er noch nicht. Diese werden im Herbst erwartet. Lutz zeigte sich optimistisch, in den nächsten Wochen einen neuen Finanzchef für die Bahn zu finden.
SORGENKIND GÜTERVERKEHR
DB Cargo transportierte im Halbjahr zehn Prozent weniger, der Umsatz sank um neun Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis verbesserte sich um 165 Millionen auf minus 96 Millionen Euro. Der Cargo-Personalbestand wurde laut Bahn bereits um rund 2000 Stellen gesenkt, noch einmal 1000 weitere Stellen werden es in der nächsten Phase sein. Defizitäres Geschäft soll abgegeben werden. Zur Disposition steht der sogenannte Einzelwagenverkehr, der beispielsweise für die Stahlbranche wichtig ist und hohe Fixkosten hat. In dem Bereich werden einzelne Güterwaggons direkt bei Firmenkunden abgeholt und auf Rangierbahnhöfen zu langen Zügen zusammengestellt.
Im Nahverkehr kämpfte sich die DB Regio aus der Verlustzone und erzielte einen operativen Gewinn von 103 Millionen Euro. Der Umsatz erhöhte sich um sieben Prozent. Der Fernverkehr schrieb operativ mit minus 59 Millionen Euro noch rote Zahlen. Der Umsatz stieg um gut sechs Prozent. Der Trend geht zu längeren Fahrten. Die Bahn verwies darauf, dass Reisende noch nie so viele Kilometer mit Fernverkehrszügen gefahren seien. Die Pünktlichkeit der Sparte verbesserte sich nur leicht auf 63,4 Prozent aller Züge. Das Management hofft, mit weiteren Sanierungen – wie zuletzt der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim – bessere Werte zu schaffen. Als nächstes steht ab Freitag die Generalsanierung zwischen Berlin und Hamburg an. Im Gesamtjahr soll die Pünktlichkeit bei mindestens 65 Prozent liegen. Außerdem soll die Auslastung gesteigert werden.
Der Verband der Güterbahnen, also die privaten Wettbewerber der Bahn, kritisierte, dass der Staatskonzern ohne die Bonität des Bundes, staatliche Zuschüsse und das Trassenpreissystem zum Insolvenzrichter müsste. “Man hangelt sich so durch”, sagte Güterbahnen-Experte Peter Westenberger. Als Beispiel wurde der milliardenschwere Verkauf der Logistiksparte Schenker genannt.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)