Widerstand gegen globales Plastikabkommen – USA und Ölstaaten bremsen

Genf (Reuters) – Die Hoffnungen auf ein ehrgeiziges globales Abkommen zur Eindämmung der Plastikverschmutzung schwinden: Beim UN-Treffen am Dienstag in Genf, das eigentlich die entscheidende Verhandlungsrunde sein sollte, droht der Durchbruch am Widerstand petrochemieproduzierender Länder und der US-Regierung unter Präsident Donald Trump zu scheitern.

Staaten wie Saudi-Arabien und Russland stellen zentrale Vertragspunkte infrage und wollen verbindliche Auflagen durch freiwillige oder nationale Maßnahmen ersetzen. Auch die US-Delegation setzt auf einen Fokus auf die Abfallentsorgung statt auf Produktionsbeschränkungen.

Dabei fordern vor allem die EU und kleine Inselstaaten, dass das Abkommen nicht nur Recycling regelt, sondern auch die Herstellung von Neuplastik begrenzt. Denn die Produktion – größtenteils auf Basis fossiler Rohstoffe wie Öl und Gas – gilt als Haupttreiber für die wachsende Plastikflut. Ab Dienstag kommen die Delegierten zur sechsten und voraussichtlich letzten Verhandlungsrunde bei den Vereinten Nationen zusammen. Bereits die fünfte Runde in Südkorea war Ende vergangenen Jahres ohne Einigung über eine Produktionsbegrenzung zu Ende gegangen.

Die strittigsten Punkte sind eine Obergrenze für die Produktion, der Umgang mit bedenklichen Plastikprodukten und Chemikalien sowie die Finanzierung von Hilfen für Entwicklungsländer. Das US-Außenministerium teilte mit, man unterstütze zwar ein Abkommen. Dieses dürfe Herstellern aber keine belastenden Beschränkungen auferlegen, die US-Unternehmen behindern könnten. Einem mit den Gesprächen vertrauten Insider zufolge wollen die USA den Vertrag auf nachgelagerte Themen wie Abfallentsorgung, Recycling und Produktdesign beschränken.

Ohne Gegenmaßnahmen könnte sich die weltweite Plastikproduktion laut OECD bis 2060 verdreifachen – mit drastischen Folgen für Ozeane, Klima und die menschliche Gesundheit. “Dies ist wirklich unsere letzte Chance”, sagte Ilana Seid, Ständige Vertreterin von Palau und Vorsitzende der Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS). Diese Staaten sind besonders von an Land gespültem Plastikmüll betroffen, der ihre Fischerei- und Tourismuswirtschaft bedroht.

“Plastik ist ein Problem für die menschliche Gesundheit, weil es etwa 16.000 Chemikalien enthält, von denen ein Viertel nachweislich gesundheitsschädlich” sei, sagte Melanie Bergmann vom deutschen Alfred-Wegener-Institut. An den Gesprächen nehmen mehr als 1000 Delegierte teil, darunter Wissenschaftler und Lobbyisten der petrochemischen Industrie. Kritiker befürchten, dass der Einfluss der Industrie ein ambitioniertes Abkommen verhindern könnte.

Jodie Roussell vom Lebensmittelkonzern Nestle, Mitglied einer Koalition aus 300 Unternehmen, die ein Abkommen befürworten, sagte, einheitliche internationale Vorgaben wären der kostengünstigste Ansatz. Als letztes Mittel könnten eine Abstimmung oder sogar ein separates Abkommen ehrgeizigerer Länder in Betracht gezogen werden, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Die Chefin des UN-Umweltprogramms, Inger Andersen, mahnte jedoch, die Länder sollten auf einen von allen im Konsens getragenen Pakt hinarbeiten: “Wir sind nicht hier, um etwas Bedeutungsloses zu erreichen.”

(Bericht von Olivia Le Poidevin und Valerie Volcovici, geschrieben von Patricia Weiß; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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