Deutschland beendet Aufnahmestopp für Afghanen aus Pakistan

Berlin (Reuters) – Deutschland beendet einen monatelangen Aufnahmestopp für schutzbedürftige Afghanen, denen eine Einreise zugesagt worden war.

“In Pakistan befinden sich Personen in unterschiedlichen Schritten des Ausreiseverfahrens. Die verschiedenen Prüfverfahren laufen derzeit wieder an”, hieß es am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. “Personal der zuständigen Behörden ist vor Ort in Pakistan, um die Aufnahmeverfahren fortzuführen.” Aus dem Bundesinnenministerium hieß es ergänzend: “Afghanen, bei denen die Bundesrepublik Deutschland durch rechtskräftige Gerichtsbeschlüsse zur Visaerteilung und Gestattung der Einreise verpflichtet wurde, werden sukzessive nach Deutschland einreisen.”

Zuerst hatte “Welt” darüber berichtet. Betroffene Familien seien bereits über die Wiederaufnahme des Programms informiert worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise weiter. Die ersten Familien würden in den kommenden Tagen erwartet. Die Einreise solle unauffällig mit kommerziellen Linienflügen über Dubai oder Istanbul erfolgen. Hintergrund sind der wachsende juristische Druck in Deutschland und eine von den pakistanischen Behörden vorangetriebene Abschiebekampagne.

Im Bundesinnenministerium wurde betont, alle betroffenen Personen müssten das Aufnahmeverfahren und die Sicherheitsprüfung vollständig durchlaufen. Voraussetzung sei zudem, dass die pakistanischen Behörden die Ausreisegenehmigung erteilten. Über die Zahl könnten noch keine Aussagen gemacht werden.

Pakistan will anerkannte afghanische Flüchtlinge bis zum 1. September des Landes verweisen, darunter auch Personen, die für das deutsche Aufnahmeprogramm vorgesehen sind. Zudem hatten Menschenrechtsgruppen und Dutzende Betroffene erfolgreich gegen den von der Bundesregierung verhängten Stopp geklagt. Rund 2000 Afghanen, die unter der Taliban-Herrschaft als gefährdet gelten, sitzen nach einer Aufnahme-Zusage seit Monaten in Pakistan fest.

AFD: “VERANTWORTUNGSLOSE MASSENZUWANDERUNG”

Bundesaußenminister Johann Wadephul hatte am Sonntag darauf hingewiesen, dass die Menschen mit zugesagter Aufnahme ein Recht darauf hätten, nach Deutschland zu kommen. “Die Betroffenen brauchen nicht zu klagen”, sagte der CDU-Politiker beim Tag der Offenen Tür der Bundesregierung im Auswärtigen Amt. “Wir sind an Recht und Gesetz gebunden, und das heißt nach meiner Auffassung haben wir das zu erfüllen. Das muss schnell geschehen.” Allerdings sei jeweils eine Sicherheitsüberprüfung erforderlich.

Die Kritik am Vorgehen der Bundesregierung riss indes nicht ab. Anwalt Matthias Lehnert, der mehrere betroffene Afghanen vertritt, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Regierung mache nur “das absolute Minimum, nur das, wozu sie rechtlich verpflichtet und gezwungen ist”. Erforderlich sei aber, dass allen betroffenen Afghanen ein Visum ausgestellt werde. Gerichte hätten grundsätzlich und nicht nur im Einzelfall entschieden, “dass sich die Menschen auf diese Aufnahmezusagen verlassen können und ihnen zudem ernsthaft die Abschiebung droht”, sagte Lehnert. “Deshalb ist es wirklich skandalös, dass die Regierung in all den anderen Fällen nicht handelt und die Sache weiter hinauszögert.”

Die AfD kritisierte, die Bundesregierung sei in der Frage eingeknickt. “Die verantwortungslose Massenzuwanderung wird fortgesetzt”, erklärte die Partei- und Fraktions-Co-Vorsitzende Alice Weidel. “Erneut werden afghanische Staatsangehörige zu Tausenden eingeflogen, deren Identität und Gefährdungspotential nicht hinreichend überprüft sind.”

(Bericht von Riham Alkousaa, Alexander Ratz, Andreas Rinke; redigiert von Elke Ahlswede.; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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